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Am 31. Mai 2025 erscheint mit „Nightreign“ eines der ungewöhnlichsten Spiele in der langen Historie von Fromsoftware. Wie viele Zutaten vom klassischen „Elden Ring“ im neuen Koop-Online-Abenteuer stecken, konnte schon jetzt im Netzwerktest ausprobiert werden.
Mit „Elden Ring“ feierte Fromsoftware den bislang größten Erfolg der Firmengeschichte: Fast 30 Millionen Einheiten des „Spiel des Jahres 2022“ wurden bis heute für Playstation, Xbox und PC verkauft.
Richtete sich die unbarmherzige „Souls“-Spielformel mit älteren Titeln wie „Demon’s Souls“ und „Dark Souls“ vorrangig an Hardcore-Gamer, so erweiterte „Elden Ring“ durch die offene weitläufige Spielwelt den potentiellen Spielerkreis.
Nach dem letztjährigen DLC „Shadow of the Erdtree“ war die Geschichte um „Elden Ring“ vorläufig abgeschlossen, doch Fans bekommen mit „Nightreign“ 2025 einen weiteren Grund geboten, in das Fantasy-Spieluniversum abzutauchen.
Dabei ist „Nightreign“ keine klassische Erweiterung von „Elden Ring“, sondern ein eigenständiger Titel, der das bewährte Spielprinzip auf den Kopf stellt. Statt eines „Souls-Games“ nach der bewährten Erfolgsformel löst diese Mehrspieler-Koop-Hatz vor allem eines aus: Stress.
Nur auf den ersten Blick vertraut
Der Start des Spiels erscheint wie die Rückkehr in eine alte Heimat: Die Tafelrundfeste dient in „Nightreign“ erneut als Basis-Lager und das Areal wurde im Vergleich zu „Elden Ring“ gekonnt aufgehübscht. Neben zahlreichen kosmetischen Änderungen gibt es auch neue Bereiche wie den Trainingsplatz zu bewundern.
Im Trainingsareal stehen sämtliche Waffen des Basisspiels zum Ausprobieren bereit und „Elden Ring“-Kenner werden hier auf ein paar Überraschungen stoßen. Fromsoftware spendierte bekannten Waffen zusätzliche Effekte, die beispielsweise über einen starken Angriff ausgelöst werden. Viele Änderungen sind so gut gelungen, dass man sich derartige Upgrades auch für das Hauptspiel wünschen würde.
Zudem sind alle Waffen mit zusätzlichen Effekten versehen und einige davon sind passiv. Der Clou: Selbst wenn Waffen lediglich im Ausrüstungsmenü ungenutzt abgelegt werden, sind die passiven Boni aktiv. Damit ergeben sich noch mehr Möglichkeiten, den eigenen Charakter zu stärken.
Auf die Spitze getrieben wird dieses Konzept durch Relikte: Nach erfolgreichen Spielrunden werden permanente Upgrades verfügbar, die innerhalb der Tafelrundfeste jedem Charakter zugeordnet werden können. Als besonders mächtig erwiesen sich im Netzwerktest Verstärkungen wie ein genereller Blutungsschaden, unabhängig von der tatsächlich eingesetzten Waffe.
Apropos Charakter: Statt die Spielfigur selbst zu gestalten, stehen in „Nightreign“ vorgefertigte Klassen zur Verfügung. Im Netzwerktest konnten vier von insgesamt acht Klassen ausprobiert werden.
Jede Klasse erhält eigene Boni und „Superfähigkeiten“: außergewöhnliche Manöver, die die Kämpfe maßgeblich beeinflussen. Je nach Kategorie werden die Spezialfähigkeiten über Zeit oder erfolgreiche Angriffe kontinuierlich aufgetankt.
Ob ein gewaltiger Angriff, der die Deckung der Gegner mit einem Schlag bricht, eine Wiederholung der zuletzt durchgeführten Schadensarten oder die Möglichkeit, Lebens- und Zauberenergie kontinuierlich durch Angriffe zurückzugewinnen: Die Spezialfähigkeiten können den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Niederlage ausmachen.
Am wichtigsten ist allerdings, im steten Gewusel mit zwei weiteren Koop-Spielern einen klaren Kopf zu behalten, denn jede Spielrunde in „Nightreign“ artet schnell in Stress aus.
Der Spielablauf
Als Koop-Multiplayer-Spiel sollte „Nightreign“ nicht allein gespielt werden, sondern zu dritt. Wird in der Tafelrundfeste ein Missionsziel (der jeweilige finale Boss) ausgewählt, beginnt die automatische Onlinesuche nach zwei weiteren Mitspielern. Wer eigene Spielgruppen erstellen möchte, kann das Passwortsystem nutzen, um gezielt im Freundeskreis zu zocken.
Ist eine Gruppe aus drei Spielern komplett, startet ein „Nightreign“-Durchlauf. Alle drei Koop-Spieler werden als Team auf der Karte abgesetzt und starten mit Level 1.
Statt in Seelenruhe Runen für Upgrades zu farmen, ist Geschwindigkeit in „Nightreign“ alles. Jeder Spieldurchlauf dauert nur ca. 40 Minuten, eingeteilt in zwei aufeinanderfolgende 15-Minuten-Ingame-Tagesabläufe und einen besonders imposanten finalen Bosskampf.
Das erste Ziel sollte sein, harmlose Gegner zu bezwingen, Runen zu erlangen und an einer Gnade die Charaktere aufzuleveln. Das gelingt über einen simplen Tastendruck, sobald die notwendige Runenanzahl erreicht ist – sämtliche Charakterwerte werden dabei automatisch erhöht.
Die Uhr tickt in „Nightreign“ unaufhaltsam: Ein Feuerkreis (die „Nachtwelle“) zieht sich wie eine Schlinge zu und minimiert die Möglichkeiten, die Karte frei zu erkunden. Wer sich außerhalb des gültigen Spielbereichs aufhält, erleidet permanent Schaden und sämtliche Rückzugspunkte (Gnaden) können im verbrannten Bereich nicht mehr genutzt werden.
Besonders gefährlich gestaltet sich ein Ausflug in Burggemäuer und Höhlen: Wer den stetig voranschreitenden Feuerkreis nicht im Blick behält (der Radius lässt sich auf der Spielkarte jederzeit überprüfen), der wird in schlauchigen Gängen ein ums andere Mal von der Nachtwelle überrumpelt.
Zum größten Lebensretter wird in „Nightreign“ die wahnwitzig hohe Bewegungsgeschwindigkeit, die am ehesten mit „Sekiro“ zu vergleichen ist.
Statt wie in „Elden Ring“ über die L3-Taste lautlos zu schleichen, setzen die Charaktere in „Nightreign“ zum Dauersprint an und erreichen damit eine immense Laufgeschwindigkeit. Selbst katapultartige Sprünge in allerhöchste Höhen sind in „Nightreign“ mit allen Charakteren an den jeweiligen Feldern möglich – auf das Reittier Torrent wird in „Nightreign“ komplett verzichtet.
Ebenfalls ungewöhnlich für ein Souls-Spiel von Fromsoftware: Es gibt keinerlei Fallschaden. Wer an einer Klippe steht, kann gefahrlos in die tiefsten Tiefen stürzen, solange am Ende fester Boden wartet. Umgekehrt lassen sich schier unüberwindbare Hindernisse dank der neuen Parkour-Beweglichkeit spielend einfach meistern.
Die neue Bewegungsfreiheit kommt auch den Kämpfen zugute, denn Gegnerscharen lassen sich in „Nightreign“ in Sekundenschnelle dezimieren. Selbst schnelle Waffen wie Dolche sind in der Lage, die Gegner kurz aus dem Gleichgewicht zu bringen und eine Schlagkombo vergleichsweise gefahrlos aneinanderzureihen.
Apropos gefahrlos: Ein finaler Niederschlag bedeutet in „Nightreign“ nicht den sofortigen Tod, denn Teammitglieder haben stets die Möglichkeit, verwunderte Kameraden wiederzubeleben. Allerdings wird es nach jedem erneuten Niederschlag immer zäher, die Kameraden zurück auf die Beine zu befördern.
Der Weg ins Finale
Aufgrund der zufällig verteilten Waffen und Ausrüstungen ist ein Spieldurchgang in „Nightreign“ stets ein wenig vom Glück abhängig. Spielen alle Faktoren zusammen, werden schwache Level-1-Charaktere im Handumdrehen zu schlagkräftigen und robusten Kriegern.
Im Gegensatz zu „Elden Ring“ sind in „Nightreign“ sämtliche Waffen nicht von einzelnen Charakterwerten abhängig, sondern die Nutzung hängt einzig und allein vom Charakterlevel ab. Damit können auch flinke Spielfiguren mächtige Zweihandwaffen führen. Dennoch sollte der Fokus auf den zugeordneten Waffentypen liegen, da diese mit den einzelnen Charakterklassen individuelle Angriffsmuster und damit große Vorteile bieten.
Sind ca. 15 Minuten Spielzeit vergangen und hat der Feuerring den kleinsten Radius erreicht, bricht die Nacht herein und der Kampf gegen einen großen Bossgegner beginnt. Hier werden Souls-Fans auf einige nostalgische Gegner treffen, denn Fromsoftware greift nicht nur auf Bosse aus „Elden Ring“, sondern auch auf ältere „Darksouls“-Gegner zurück.
Spätestens hier macht sich eine weitere Änderung im Vergleich zu „Elden Ring“ deutlich bemerkbar. Wird ein Gegner in „Nightreign“ kurzzeitig betäubt bzw. aus dem Gleichgewicht gebracht, können sämtliche Charaktere dennoch den vollen Schaden austeilen – es gibt keine Unverwundbarkeitszeitfenster mehr. Wer die speziellen Superfähigkeiten geschickt nutzt, kann die Energieleiste des Gegners sehr schnell dezimieren.
Wurde diese Hürde genommen, wartet eine mächtige Verbesserung auf alle Spieler. Anschließend kann die gesamte Karte erneut nach Upgrades und Gegnern abgesucht werden. Bei Tagesanbruch verschwindet die tödliche „Nachtwelle“ und der unerbittliche Zeitdruck beginnt von vorn.
Die zwei aufeinanderfolgenden Spielrunden von jeweils 15 Minuten laufen nach dem gleichen Schema ab, doch die unterschiedlichen Charakterlevel machen den alles entscheidenden Unterschied aus. Mächtige Gegner sollten bei niedrigem Charakterlevel zunächst gemieden werden. Am zweiten Tag mit einem gestärkten Team stellen die Gegner hingegen kaum noch eine Hürde dar.
Am Ende des zweiten Tages zieht sich der Feuerkreis erneut zu und bei Nachteinbruch gibt ein weiterer großer Boss sein Stelldichein. Sobald dieser in die Knie gezwungen wurde, wartet ein Portal darauf, die Spieler zum großen „Nightreign“-Finale zu leiten.
In der letzten Spielphase geht es ohne Umwege zur finalen Konfrontation gegen einen einmaligen Bossgegner. Die Vollversion von „Nightreign“ wird acht einzigartige finale Bosse bieten (weitere werden durch das DLC zum Jahresende ergänzt).
Wer im Netzwerktest einen dreiköpfigen Höllenhund in die Knie zwang (Erinnerungen an „Bloodborne“ werden wach), durfte sich über besonders mächtige Relikte freuen, die in der Tafelrundfeste für dauerhafte Verstärkungen der jeweiligen Charaktere genutzt werden können.
Beim nächsten Spieldurchlauf beginnen alle Charaktere wieder bei Level 1 und sämtliche Ausrüstungsgegenstände müssen neu gefunden werden, doch die angelegten Relikte bleiben als dauerhafte Verbesserungen bestehen.
Von Fans, für Fans
„Elden Ring: Nightreign“ erscheint wie eine liebevolle PC-Mod: Entwickler Fromsoftware bedient sich am „Elden Ring“-Grundgerüst und erschafft mit „Nightreign“ eine neue Spielerfahrung losgelöst von den Zwängen des Hauptspiels.
In „Nightreign“ steht und fällt der Spielspaß mit den Online-Mitspielern: Wer im Dreierteam zielgerichtet zusammenarbeitet, wird schnell motiviert sein, immer neue Versuche anzugehen. Zerfällt das Dreiergespann hingegen in Windeseile seine Einzelteile, macht sich schnell Frust breit und „Nightreign“ verliert an Faszination.
Besonders wenn jedes Teammitglied auf eigene Faust die Karte erkundet und vorschnell das Zeitliche segnet, rücken die Erfolgschancen, den Zwei-Tage-Rhythmus zu überstehen und zum Hauptboss vorzudringen in weite Ferne.
Deshalb verwundert es umso mehr, dass während der Koop-Spiele keine Kommunikation mit den Mitspielern möglich ist, selbst auf vorgefertigte Kommandos wird verzichtet. Zudem besteht keine Möglichkeit, die weiteren Charaktere als NPCs anzuheuern: Wer im Dreierteam antreten möchte, ist auf weitere Onlinespieler angewiesen.
Auch die zufällig generierten Inhalte sorgen für höchst unterschiedliche Erfolgschancen, wenngleich im Netzwerktest die Unterschiede noch nicht so stark ausgeprägt waren wie im finalen Spiel.
Womit wir beim größten Problem des Netzwerktests wären: Der instabilen Server-Infrastruktur. Am ersten Tag des Netzwerktests war an Mehrspieler-Partien nicht zu denken, lediglich der Besuch der Tafelrundfeste war ohne Serverabbruch möglich.
An den folgenden Tagen waren die Probleme zwar behoben, doch bei einigen Partien reagierten die Gegner verzögert auf die Schläge und teilweise waren Gegner nicht für alle Mitspieler gleichzeitig sichtbar, was zu kuriosen Spielsituationen führen konnte.
Noch ist es zu früh zu beurteilen, ob der Spielablauf von „Nightreign“ eine langfristige Motivationsspirale in Gang setzen kann und die Serverstruktur im finalen Spiel von sämtlichen Kinderkrankheiten befreit ist. Dennoch dürfte das Koop-Abenteuer ein gelungener Spielspaß-Happen für Zwischendurch werden.
Für 2025 dürfte „Nightreign“ genügend Futter für spaßige Mehrspieler-Partien mit Rogue-like-Einschlag bieten, denn zum Jahresende sollen weitere spielbare Charaktere und Bosse (DLC-Content) für noch mehr Abwechslung bei der Koop-Hatz sorgen.