Marokko ist nicht das erste Ziel, dass einem beim Thema Fernreise einfällt: Doch als diese „Traumschiff-Episode im Corona-Jahr 2020 zum ersten Mal lief, wären schon Holland oder Dänemark exotische Orte gewesen.
Diese Episode des ZDF-„Traumschiffs“ aus dem Jahr 2020 beginnt offensichtlich mit einer Lüge – oder gleich zwei, genau genommen. „Marokko – eine meiner absoluten Traum-Destinationen“, sagt Hotelchefin Hanna Liebhold (Barbara Wussow) in dem ersten Satz, der in der neuen Folge fällt. Wortgleich wiederholt ihn kurz darauf der Schiffsarzt Wolf Sander („Herr Kaiser“ Nick Wilder).
Marokko, eine Traum-Destination? Klar, das nordafrikanische Land hat wunderschöne Strände, eine sagenhafte Wüstenlandschaft und mit Marrakesch den Traum von 1001 Nacht schlechthin. Aber mal ehrlich: Das „Traumschiff“ war – inklusive Liebhold und Doc Sander – unmittelbar vor diesem Trip erst auf Antigua und in Kolumbien gewesen.
Fierek ein Lichtblick
So nah an Deutschland wie in dieser Marokko-Folge, die am Sonntag um 20.15 Uhr als Wiederholung im Zweiten läuft, war zuvor kein „Traumschiff“-Ziel mehr seit Ägypten im Jahr 1993 oder Norwegen noch ein Jahr davor. Das passte bei der Erstausstrahlung im Frühling 2020 aber gut in die Zeit – Corona machte damals Fernreisen für lange Monate zum unerfüllten Traum. Kreuzfahrtschiffe galten in der öffentlichen Wahrnehmung als Brutstätten für das Virus. Die MS Amadea ging in der Hochphase der Pandemie zeitweise in Deutschland vor Anker.
Doch das „Traumschiff“ wäre ohnehin nicht das „Traumschiff“, würden die Macher sich um die Orte, an denen es gedreht wird, allzu viele Gedanken machen. Junge Liebe, alternde Menschen, die wieder zusammenfinden, dazu wahlweise ein kleiner Kriminalfall oder eine gescheiterte Intrige (oder beides) und der Kapitän, der den Tag rettet – all das klappt doch seit Jahrzehnten überall auf der Welt von Bali über Südafrika bis nach Hawaii.
In der „Marokko“-Episode ist das junge Liebespaar die afrikanische Prinzessin Lilani (Michaela Saba), deren genaue Herkunft nie genannt wird, wohl um etwaige geopolitsche Unstimmigkeiten im Keim zu ersticken – und der Fitnesstrainer Lennart („Sex ist überbewertet – ich steh eh mehr auf Kuscheln“, Tommy Schlesser). Frei nach dem Motto: „Das, was das schwedische Königshaus kann, können wir schon lange.“
Die Rettungsaktion ist diesmal so undramatisch, wie sie nur sein könnte. Kapitän Max Parger (Florian Silbereisen, der auch in seiner dritten Folge nicht leugnen kann, dass er eigentlich Showmaster ist und kein Schauspieler) hilft Hotelchefin Hanna auf, nachdem sie mit einem Snowboard-ähnlichen Gefährt marokkanische Sanddünen hinuntergefahren und dabei gestürzt ist. Achtung, Spoiler: Sie hat danach schlimm Muskelkater.
Außerdem gibt es noch eine Kunstexpertin (Anja Antonowicz), die wertvolle Originale mit an Bord nimmt und dann von einem hinterhältigen Kunstfälscher getäuscht wird (der Kriminalfall) und einen fiesen Bord-Fotografen (Jaime Ferkic, der Intrigant), der der Prinzessin auflauert und seinen latenten Rassismus auslebt.
Da versteht selbst der Showmaster-Kapitän keinen Spaß mehr: „Mit rassistischen Randbemerkungen spaßen wir hier an Bord nicht, ist das klar?“
Marokko-Episode mit Hauch von Politik im „Traumschiff“-Romantik-Gemenge.
Der Lichtblick in dieser noch zäher als sonst daherkommenden Masse aus Kitsch und Fernweh ist tatsächlich – wie so oft – das alternde Paar. Jutta Speidel und „Bayer auf Rügen“ Wolfgang Fierek spielen das ehemalige Schlager-Duo „Rosi und Roy“ und tatsächlich ein bisschen mit der Erwartungshaltung des alteingesessenen ZDF-Publikums. Erfrischend!
Von Rosi kommt dann auch der mit Abstand beste Satz dieser «Traumschiff»-Folge. Wie denn die Wüste gewesen sei, will der Schiffsarzt von ihr wissen. Und sie antwortet trocken: «Wüst! Und es gibt definitiv zu wenig Kamele!»
[Britta Schultejans]
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