Ein bisschen „Grey’s Anatomy“ ein bisschen „Doctor’s Diary“ und eine Prise „Schwarzwaldklinik“: Die neue ZDF-Daily „Herzflimmern – Die Klinik am See“ soll ab Montag werktags um 16.15 Uhr das Ende der Telenovelas einläuten – und die Rückkehr zur guten alten Seifenoper.
Ein wenig erinnert der Anfang der Serie an gute alten Zeiten. Die Kamera fährt auf eine große Klinik zu, die ganz allein inmitten unberührter Landschaft thront – fast wie damals zu Zeiten Klausjürgen Wussows und der „Schwarzwaldklinik“. Die neue ZDF-Serie „Herzflimmern – Die Klinik am See“ aber hat mit dem Klassiker nicht viel zu tun, wie der zuständige Redaktionsleiter Klaus Bassiner betont. Und tatsächlich sind die Vorbilder für die nach Angaben des Senders „erste ‚Medical Daily‘ im deutschen Fernsehen“ wohl andere.
Denn mit Krankenhausserien – so hat die jüngste Vergangenheit gezeigt – lassen sich durchaus Erfolge feiern. So klingt schon der eingängige Titelsong „Safe“ der Sängerin Graziella Schazad ein kleinwenig so wie der von der US-Erfolgsserie „Grey’s Anatomy“ und eine der Hauptgeschichten ist eine Dreiecksgeschichte zwischen Assistenzärztin Marie (Nova Meierheinrich), ihrem Verlobten Dr. Dr. Markus Lindner (Sven Waasner) und dem neuen Oberarzt Dr. Stefan Jung (Jan Hartmann). Die RTL-Serie „Doctor’s Diary“ lässt grüßen.
Und auch für den Rest der Geschichten sind wohl kaum große Überraschungen zu erwarten. Die Themen sind vorhersehbar: Klinik-Chefin Prof. Dr. Johanna Lindner (Bettina Redlich) liegt im ständigen Clinch mit der Geschäftsleitung um den leidigen Gegensatz Mammon versus Menschlichkeit, zwei aufstrebende, ehrgeizige Ärzte setzen mit einer neuen und in Deutschland – natürlich – noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode ihre eigene Zulassung aufs Spiel, Ärzte flirten mit Krankenschwestern, und die gute Seele der Klinik und heimliche Chefin ist – natürlich – die resolute Oberschwester.
Trotzdem – oder vielleicht sogar deshalb – setzt das ZDF große Erwartungen in seine neue Serie. Marktanteile von mindestens 15 Prozent sollten möglich sein, sagt Bassiner. An fünf Tagen in der Woche soll „Herzflimmern“ die Herzen der Zuschauer erobern, jeweils um 16.15 Uhr, jeweils fast 45 Minuten lang. Gedreht wird eine Folge pro Tag in den Bavaria-Studios in Grünwald bei München und an Orten im Voralpenland, die der Sender geheim halten will.
Das ZDF springt also noch auf einen weiteren Zug auf: den Trend zum Lokalkolorit. In vielen täglichen Serien habe der Ort in der Vergangenheit keine große Rolle gespielt. „Ich halte das für einen Fehler“, sagt Bassiner und fügt mit Blick auf ein ZDF-Erfolgsmodell wie die „Rosenheim-Cops“ hinzu: „Wir waren mit bayerischen Sendungen immer erfolgreich“. Darum sprechen wenigstens zwei „Herzflimmern“-Darsteller mit bayerischem Dialekt.
Eins ist dem ZDF-Redakteur besonders wichtig: „Was wir gemacht haben, ist definitiv keine Telenovela“, betont er. „Ich glaube, die Telenovela hat Nachteile im Erzählen.“ Die neue Serie sei „realistische Fiktion“. Das Themenfeld Medizin und Krankenhaus biete eine große Bandbreite an Geschichten, „Herzflimmern“ konzentriere sich nicht – wie „Verliebt in Berlin“, „Anna und die Liebe“ und Co. – auf ein „Märchenpaar“.
Konsequenterweise ist die Serie, die für «Herzflimmern» das Feld räumen muss, genau so eine Telenovela. Die letzten Folgen von „Lena – Liebe meines Lebens“ rutschen erst in den Vormittag, dann fliegt die Serie ganz aus dem Programm. Leider habe die Telenovela insgesamt nicht das erhoffte Zuschauerinteresse gefunden, sagte ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut Thomas Bellut.
So ist „Herzflimmern“ auch die Rückkehr zur guten alten Seifenoper, die etwas weniger auf die Tränendrüse drückt, die endlos laufen kann und wo alle Themen möglich sind – zumindest theoretisch. Da ist es nur folgerichtig, dass in den Hauptrollen der neuen Serie auch viele altbekannte Soap-Stars zu sehen sind. Maike von Bremen zum Beispiel, die in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ auf tragische Weise am Tag ihrer Hochzeit ihren Ehemann verlor und im von der ARD abgesetzten „Marienhof“ als geheimnisvolle Französin Männern und Frauen gleichermaßen den Kopf verdrehte, darf jetzt die Serien-Intrigantin geben.
Yvonne Burbach, die vor einigen Jahren als Cécile de Maron in der „Verbotenen Liebe“ von einem Auto angefahren wurde, später in den Armen ihres Liebsten starb und sich danach im „Marienhof“ in Raul verliebte, zeigt sich in „Herzflimmern“ als selbstbewusste Krankenschwester ganz ohne romantische Ader. Und Ex-Dschungel-Zicke Caroline Beil Caroline Beil hat nach einer Gastrolle bei „GZSZ“ nun eine Hauptrolle in einer täglichen Serie ergattert – als Narkose-Ärztin Shirley Wilson.
„Tägliche Sendungen brauchen Zeit“, räumt Bassiner ein. Die Zuschauer müssen erst warm werden mit den Figuren. Für einen aber ist die Serie schon jetzt ein großer Gewinn: die Bavaria Fernseh-Produktion. Nach dem Aus für die Erfolgsserie «Marienhof» standen mehr als 70 Mitarbeiter erstmal ohne Job da. Rund die Hälfte von ihnen hat bei „Herzflimmern“ einen neuen gefunden. [Britta Schultejans/ar]
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