ZDF-„Bergdoktor“ Hans Sigl über Quotendruck und Kitschklischees

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Der ZDF-„Bergdoktor“ ist kein verfilmter Groschenroman, sondern ein moderner Heimatfilm, betont Hauptdarsteller Hans Sigl. DIGITALFERNSEHEN.de sprach mit dem 42-jährigen Steirer über Schlamperei in den Medien, sinnlose TV-Formate, seinen gelegentlichen Einsatz als Stuntman und das Leben jenseits des Fernsehschirms.

Herr Sigl, „Soko Kitzbühel“, „Schlosshotel Orth“, „Der Bulle von Tölz“, „Marienhof“ und seit 2008 der „Bergdoktor“: Serienrollen stehen im Mittelpunkt Ihrer schauspielerischen Karriere. Fühlen Sie sich in Fortsetzungsgeschichten besonders wohl oder welchen Grund hat es, dass Sie bislang nur vereinzelt für Filmprojekte vor der Kamera gestanden haben?
 
Hans Sigl: Gut, es gab natürlich auch Filmprojekte wie den ORF/Sat.1-Vierteiler „Zodiac – Der Horoskop-Mörder“, den RTL-90-Minüter „Das Geheimnis des Königssees“, den ZDF-Zweiteiler „Schuld und Unschuld“. Aber wenn man in durchgehenden Rollen beschäftigt ist, bleibt in der Tat wenig Zeit für Einzelprojekte und anderes.
 
Grundsätzlich fühlte ich mich auch am Theater schon eher im Festengagement heimischer als in Einzelprojekten. Mit „Klarer Fall für Bär“ und „Die Wüstenärztin“ mit Esther Schweins und Hannes Jaennicke habe ich in diesem Jahr schon zwei „Einzelstücke“ gemacht, wobei „Klarer Fall für Bär“ schon fast als Reihe zu sehen wäre.
 
Sie waren unter anderem im Ensemble des Tiroler Landestheaters, in Freiburg und bei der Bremer Shakespeare Company jahrelang auf der Theaterbühne aktiv. War der Wechsel zum Fernsehen eine große Umstellung für Sie?
 
Sigl: Die arbeitstechnische Umstellung auf jeden Fall. Vor der kamera zu stehen, ist im Prinzip ein völlig anderer Beruf, als auf der Bühne zu stehen. Allein schon technisch verlangt es eine andere Herangehensweise. Insofern war der anfang bei „Soko Kitzbühel“ eine gute Lernphase und ich konnte mich da kontinuierlich gut ausprobieren. Inhaltlich war der Sprung von Shakespeare und Co. ein etwas größerer,  aber ich liebe es und freue mich auch, falls ich mal die wieder die Gelegenheit bekomme, Theater zu spielen… 

Als Kabarettist haben Sie bisher vermutlich die wenigsten Fernsehzuschauer im Einsatz erlebt. Verraten Sie uns doch ein bisschen über Ihr Soloprogramm und das Bühnenprojekt „Hintze und Sigl“ mit Ihrem Partner Christof Hintze. Genießen Sie es auch ein wenig, mit dem Kontrast zwischen „bravem Bergdoktor“ und bissigem Bühnenauftritt zu spielen?
 
Sigl: Mein Soloprogramm ist schon vor drei Jahren in der Schublade verschwunden. Einfach auch aus zeitlichen Gründen. Das nächste ist immer wieder in Planung, aber kommt Zeit, kommt neues Programm (grinst). Der Abend „Hintze und Sigl“ ist ein satirisches Talkformat mit meinem Kollegen Christof Hintze, der seines Zeichens aus der Werbebranche stammt und den ich auf die Bühne geholt habe, weil er einen ganz unverstellten Blick auf die Welt hat und wir uns sehr ergänzen. Nach zwei jahren auf der Bühne mit ihm haben wir unser Konzept immer weiter entwickelt und nähern uns schon fast einer „sendefähigen“ Ausgabe. Musikalische Acts und Gäste ergänzen unsere thematischen Abende, die wir sehr individuell füllen. Einfach mal reinschauen. 
 
Beschäftigen Sie sich auch privat mit dem Medium Fernsehen? Welche Sendungen schalten Sie regelmäßig ein?
 
Sigl: Klar. Ich bin ein großer Fan der Nachrichten und Dokus, der neuen jungen Sender… Ich schalte regelmäßig die Nachrichten ein, ansonsten bin ich eher ein Tagesscanner und freue mich manchmal über ein schönes Angebot und ärgere mich aber meistens eher über ein schlechtes Überangebot von Reality und seltsamen Shows.
 
Gerade, wenn man für diese Branche arbeitet , kommt man nicht drum herum, sich mit dem Medium zu beschäftigen. Was mir am meisten auffällt, ist die Angst der Quote, die regiert, und die Angst der Gesellschaft, die dieses Medium auch bedienen kann. Sehen Sie sich zum Beispiel mal die Krisenberichterstattung an. Generell ist es sehr spannend, wie sich die gute alte Flimmerkiste entwickeln wird.
 
Der „Bergdoktor“ der neuen ZDF-Generation ist deutlich dynamischer und athletischer als sein Sat.1-Vorgänger. Absolvieren Sie als sportlicher Geselle einen Teil Ihrer Stunts selbst?
 
Sigl: Nun, das einzige was noch geblieben ist von „damals“, sind der Titel und der Beruf der Hauptfigur. Wir haben versucht, eine Geschichte von Heute auf dem Land zu erzählen. Dass die Geschichte dort spielt, heißt nicht zwingend, dass die Figuren, die darin vorkommen noch nie woanders waren, Situationen nicht komplexer reflektieren können. 
 
Insofern haben wir uns sehr entwickelt und das war auch ein Grund, warum ich das Angebot 2007 annahm. Die Stunts werden von Stuntmen gemacht, manchmal packt mich aber der Ehrgeiz und ich geh selber in die Wand. Hubschraubereinsätze mache sehr gerne selber, wobei immer die Devise lautet: „Safety First“. Ich bekomme ohnehin nicht die Gelegenheit, etwas zu Gefährliches zu machen, denn die Produktionsfirma muss darauf achten, die Schauspieler zu „beschützen“ – manchmal auch vor sich selbst, wenn der Ehrgeiz zu groß wird. 

Für viele Zuschauer sind Sie der Inbegriff des TV-Mediziners. Wenn Sie privat an einer Unfallstelle vorbeikämen, würde es für eine fachgerechte Erste Hilfe reichen?
 
Sigl: Ich denke, die Erste Hilfe kriege ich gut hin. Jedoch werde ich dieses Jahr einen Auffrischungskurs machen, um einfach die Sicherheit wieder zu erlangen, die man in Notfällen haben sollte. Das kann ich übrigens generell nur empfehlen. 
 
Fühlen Sie sich als „Bergdoktor“ von den Medien manchmal zu unrecht belächelt und in die „triviale“ Ecke gestellt?
 
Sigl: Nun, zu allererst: Ich werde nicht belächelt, aber es ist das Problem der Vereinfachung. Die Journaille hat viel zu berichten und viel zu tun. Gerade im TV-Business sollte man schnell Kritiken oder Berichte zur Hand haben. Da ist dann die Gefahr, dass manche schreibenden Kollegen sich nicht wirklich damit beschäftigen und flapsig etwas vom „Groschenroman“ oder anderen Dingen schreiben, mit denen wir nichts mehr zu tun haben. Es sei Ihnen verziehen. Die „Schubladisierung“ ist ein weiterer Grund. Und deshalb kommen häufiger Statements zustande, über die ich mich ärgere, weil sie schlicht und ergreifend nicht stimmen.
 
Jeder Kollege, der sich mit unseren Filmen beschäftigt, wird sehen, dass es nicht trivial ist. Es ist vielleicht nicht jedermanns Sache, das sehe ich ein. Ich ärgere mich nur über schlechte Recherche. Wenn nach zehn Jahren zum Beispiel von der „Süddeutschen“ immer noch behauptet wird, dass Gerhard Lippert die Hauptrolle spiele im verstaubten Alpenkitsch.  Aber die Zuschauer und die Zahlen bestätigen, dass sich das immer mehr wandelt. Und das freut mich.
 
Vielen Dank für das Gespräch.INTERVIEWs im Überblick
[Interview: Alexander Rösch]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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