Der kleine August hat eine Krankheit, die das Gesicht entstellt. Seine Eltern ringen sich dazu durch, ihn auf eine normale Schule zu schicken. Er wird gemobbt – bis zu einer wichtigen Begegnung.
Julia Roberts hat das berühmteste Lachen Hollywoods. Einmal angeknipst, scheint es breit über die Leinwand. Es verströmt eine Wärme, die seit „Pretty Woman“ (1990) dazu beiträgt, dass die Schauspielerin zur ersten Garde Hollywoods zählt. Einer ihrer jüngsten Erfolge ist „Wunder“. Das liegt auch daran, dass die Haltung des optimistischen Jugenddramas sehr viel mit diesem Lachen zu tun hat. Diesen Mittwoch um 20.15 Uhr läuft der Film auf ProSieben.
Roberts spielt Isabel Pullman, die liebende, aber überbesorgte Mutter von August (Jacob Tremblay, „Raum“), einem Jungen, der nach Jahren des Unterrichts zu Hause in der fünften Klasse erstmals auf eine öffentliche Schule gehen soll. Wegen eines Gendefekts ist sein Gesicht entstellt, Dutzende Operationen haben verursacht, dass seine Umwelt auf den ersten Blick Angst vor ihm hat und ihn als Freak empfindet. „Wunder“ erzählt die Geschichte eines Schuljahres und wie der intelligente und witzige „Auggie“ darum kämpft, Freundschaften zu schließen.
Julia Roberts spielt die überbesorgte Mutter
Sicher, diese Handlung klingt nach Zuckerguss und in seinen schlechten Momenten grenzt der Film auch an das, was US-Amerikaner „Inspiration Porn“ nennen: Menschen abseits der Norm, die heroisch der Allgemeinheit eine Werte-Lektion vermitteln, obwohl die Masse sich möglicherweise bereits früher hätte offener zeigen können. Andererseits braucht es schon viel Zynismus, um zu erklären, was an Auggies Haltung „Entscheide dich fürs Nettsein“ („Choose kind“, sagt er im Original) so falsch sein soll.
Zudem sind Film und Botschaft in guten Händen: Autor Stephen Chbosky hat den erfolgreichen Jugendroman von Raquel J. Palacio mit gutem Tempo und einigem Witz für die große Leinwand angepasst. Er führt auch selbst souverän Regie und besonders die Idee, Teile des Films mehrfach aus verschiedenen Perspektiven zu erzählen, funktioniert sehr gut. Besonders klug ausgeführt ist dabei ein Teil der Geschichte zu Auggies Schwester Via über deren Alltag in einer Familie, in der ein Kind besondere Bedürfnisse hat und das andere etwas untergeht.
„Wunder“ gelingt es, Kitsch zu vermeiden
Es fällt leicht, sich auszumalen, welches Kitschfest dieser Film in den Händen einer weniger kompetenten Mannschaft geworden wäre. Den Stellen, in denen sich solche Filme für Sentimentalität entschieden hätten, setzt „Wunder“ entwaffnende Sprüche und differenzierte Beobachtung der Eltern zwischen Beschützenwollen und Gehenlassen entgegen. Neben Tremblay und Roberts überzeugt auch Owen Wilson („Die Hochzeitscrasher“) in einer für ihn ungewöhnlich ruhigen Rolle als Vater.
Doch unter dem Strich gelingt Chbosky die Verbindung von Ernst und Leichtigkeit nicht ganz so überzeugend wie in seinem herausragendem Indie-Vorgänger und Jugenddrama „Vielleicht lieber morgen“. Bei all dem Positiven bleibt «Wunder» mit seiner geradeheraus erzählten Storyline ein Film, der sich vor allem an ein Publikum in Auggies Fünftklässler-Alter und leicht darüber richtet – Schüler, die vor allem in den USA das Buch häufig bereits im Unterricht behandeln.
Und Roberts? Klar, da ist dieses Lachen, das passt eben wunderbar in diesen Film: entwaffnend, mit Herz, wie gemacht für ein großes Publikum – und am Ende nur ein winziges bisschen zu breit.
[Christian Fahrenbach]
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