Wohnungsnot und steigende Mieten sind ein soziales Problem, gerade in der Hauptstadt Berlin. Eine Langzeitreportage wirft Schlaglichter auf die Situation von Bewohnern eines 70er-Jahre-Blocks.
In vielen deutschen Großstädten ist Wohnraum knapp. Es fehlen rund zwei Millionen – gemessen am Einkommen der Bürger – bezahlbare Wohnungen, wie die ZDF-„Frontal 21“-Dokumentation „Teurer Wohnen“ vorrechnet. Die Hauptstadt Berlin nimmt dabei einen Spitzenplatz ein: Bei einem Fehlbestand von 310 000 Wohnungen seien die Mieten dort in den vergangenen zehn Jahren rasant gestiegen. Um ein eklatantes Beispiel daraus entstehender Not zu schildern, haben die Autoren Michael Haselrieder und Martina Morawietz einige Bewohner eines Blocks aus den späten 70ern, der gerade luxussaniert wird, zwölf Monate lang begleitet. Das ZDF zeigt die Doku am Dienstag (14. August) um 21 Uhr.
Ein Rentnerehepaar, eine Familie mit Kindern, eine Alleinerziehende, ein von Grundsicherung lebender Schwerkranker – sie alle hätten eigentlich schon Weihnachten 2016 ausziehen sollen. Denn den Sozialbau, der einst mit öffentlichen Geldern entstand und somit nach 40 Jahren aus der Mietpreisbindung fällt, hat ein internationaler Investor erworben. Um ihn in anspruchsvollere Wohnungen umzuwandeln, deren Miet- und Kaufpreise sich die alten Bewohner nicht leisten können.
Viele sind schon ausgezogen. Doch einige wehren sich – auch gegen vermeintliche Schikanen des Unternehmens, das den Fahrstuhl längere Zeit kaputt oder tageweise das Wasser abstellen lässt, wie es in der Dokumentation heißt. So leben sie mithilfe des Berliner Mietervereins Weihnachten 2017 noch immer in dem Gebäude – mit strapazierten Nerven und Aussicht auf längere Prozesse. Untereinander machen sie sich immer wieder Mut.
Bei alledem wirkt die Langzeitreportage von Haselrieder und Morawietz nicht gerade unparteiisch – und nicht immer sachlich. Etwa, wenn ein kleiner Junge nach seiner Meinung gefragt wird und der sich natürlich wünscht, dass alle bleiben dürfen. Immobilienwirtschaftler werden dagegen bei einem Treffen an der Cote d’Azur im Süden Frankreichs mit Champagnergläsern in der Hand vorgestellt – und auf Jachten vor untergehender Sonne. Als Spekulanten, die Deutschland – vor allem Berlin – im Visier ihrer Renditebestrebungen haben.
Dabei wirft die Sendung ein Schlaglicht auf ein wichtiges gesellschaftspolitisches Problem – und auf die Geschichte des sozialen Wohnungsbaus in Deutschland. Die begann in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Seit Mitte der 80er Jahre hat sich der Staat jedoch aus der Förderung sozialen Wohnungsbaus immer mehr zurückgezogen. Einschätzungen, etwa von Horst Seehofer (CSU), Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat, von Katrin Lompscher (Linke), Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, oder von Immobilienökonomen, bieten dem Zuschauer weiteren Stoff zur eigenen Meinungsbildung. [Ulrike Cordes]
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