„Wir sind doch Schwestern“: drei Damen, eine Geschichte

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Familien haben sicherlich alle eine Vergangenheit. Jetzt ist die ganz besondere Geschichte dreier Schwestern in einem TV-Film zu sehen.

Geschwister haben es wirklich nicht immer leicht miteinander – das ist vermutlich schon immer so gewesen. Wie drei Schwestern über Jahrzehnte und zwei Kriege hinweg mit und ohne einander ausgekommen sind, das ist jetzt zu sehen in dem Film „Wir sind doch Schwestern“, der an diesem Samstag (20.15 Uhr im Ersten) ausgestrahlt wird.

1994, im Janssenhof, irgendwo in der Provinz am Niederrhein: Hier lebt die 84-jährige Betty Janssen (Jutta Speidel), allein mit ihren Hühnern. Doch das ändert sich, als ihre fast taube Schwester Hiltrud (Hildegard Schmahl) zu Besuch kommt, um hier ihren bevorstehenden 100. Geburtstag zu feiern. Ihre lediglich zwei Jahre jüngere Schwester Martha (Gertrud Roll) führt die beiden heillos zerstrittenen Frauen zusammen, um eine Versöhnung herbeizuführen.
 
Denn es ist über 40 Jahre her, dass sich Betty und Hiltrud zuletzt gesehen haben, und das auch noch vor dem Landgericht Kleve. 1950 war der Gutshofbesitzer und CDU-Politiker Heinrich Verhoeven (Benjamin Sadler) wegen Ehebruchs angeklagt, den er mit seiner damaligen Haushälterin Betty Janssen begangen hatte. Nur aufgrund der beeideten Falschaussagen von Hiltrud und Martha wurde er freigesprochen; seine Frau hat sich daraufhin umgebracht, geheiratet hat er Betty nie.
 
„Heinrich, mir graut vor Dir“, möchte man da frei nach Goethe sagen – denn er spielt für alle drei Schwestern eine gewichtige Rolle. Verhoeven war ursprünglich für Hiltrud vorgesehen, Betty schwärmte schon als kleines Mädchen für ihn, beide blieben jedoch ihr Leben lang unverheiratet. Marthas Mann arbeitete auf Verhoevens Hof, fühlte sich nach dem Krieg jedoch zu Männern hingezogen – Martha blieb aber bei ihm. Jetzt, so viele Jahre später, müssen die grundverschiedenen und trinkfesten („Hopp hopp hopp – rin in Kopp“) drei „alten Schabracken“ erkennen, dass sie ihre ganz eigene Wahrheit haben und dabei nicht frei von falscher Moral sind. Alle drei verbindet nicht nur dieser eine Mann, sondern vor allem eine schwere Schuld, mit deren Konsequenzen sie leben mussten und immer noch müssen.
 
Regisseur Till Endemann (42, „Der Island-Krimi“) und Drehbuchautorin Heide Schwochow (65, „Die Unsichtbare“) haben eine ganz besondere Familiengeschichte des letzten Jahrhunderts inszeniert, die auf dem ersten und gleichnamigen Roman von Anne Gesthuysen beruht. „Natürlich ist es nahezu unmöglich, ein Buch von 400 Seiten in 90 Minuten komplett zu verfilmen“, sagte die Autorin, die bis 2014 im Ersten durch das Morgenmagazin führte. „Heide Schwochow hat mir gleich gesagt, dass sie einiges verändern und verknappen muss, aber ich hatte das Gefühl, dass das Buch bei ihr in guten Händen ist. Sie hat sich konsequent für den Fokus auf die drei alten Damen entschieden, und das hat sie ganz zauberhaft gelöst.“
 
Leider sind alle Namen und Orte aus dem Buch im Film geändert, teilweise wohl auch aus rechtlichen Gründen, manche Erzählstränge aus dem Buch kommen hier zu kurz, dafür werden unnötigerweise zwei junge Filmemacherinnen eingeführt. Doch klar wird, dass Moral, Reputation und Standesdünkel im Deutschland der Nachkriegsjahre und vor allem im erzkatholischen Niederrhein ganz oben standen – auch das, was Anstand und Sitte genannt wurde.
 
Der Film hat eine liebevolle Ausstattung, die Musik wird dezent eingesetzt, die drei Hauptrollen sind – je nach Generation – alle dreifach besetzt. Die drei Schauspielerinnen Schmahl, Speidel und Roll wirken trotz guter Maske etwas zu jung, agieren aber allesamt großartig. Die Erkenntnis aus dem Buch ist nicht neu, im Film aber die gleiche: „Wenn wir anderen wehtun, tun wir am Ende uns selbst weh – und Erinnerungen sind unser ganzes Leben – sie sind, was wir sind“.
 
 
Der Film „Wir sind doch Schwestern“ ist an diesem Samstag um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

[Klaus Braeuer]

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