Die vom ZDF produzierte Mini-Serie „Familie Braun“ hat gerade den International Emmy gewonnen. Darin geht es um den Neonazi Thomas. Eines Tages steht eine Frau vor der Tür und überlässt ihm ihr Kind. Lara ist sechs und hat ziemlich dunkle Haut. Thomas ist ihr Vater.
Kai und Thomas sprühen gern Hakenkreuze auf Windschutzscheiben und grölen im Bus auch mal „Heil Hitler“. In ihrer WG hängt ein „Führer“-Porträt an der Wand. Und wenn die beiden am Computer spielen, geht es bei lautem Maschinengewehrgeballer bevorzugt um den Endsieg.
Aber dann klingelt es an der Tür. Und davor stehen ein Mädchen (Nomie Lane Tucker) namens Lara und ihre Mutter (Karmela Shako). Thomas Braun (Edin Hasanovic) hatte mal einen One-Night-Stand mit der Frau aus Eritrea. Lara ist seine kleine Tochter.
Am Montagabend (Ortszeit) wurde die ZDF-Produktion in New York mit dem International Emmy ausgezeichnet. Produzentin Beatrice Kramm konnte sich einen Jubelschrei nicht verkneifen. Mit der goldenen Trophäe holten die Macher der Serie den wichtigsten internationalen Fernsehpreis nach Deutschland. „Vielen Dank an die Jurys auf der ganzen Welt, dass sie für unser kleines Programm gestimmt haben“, sagte Kramm auf der Bühne.
Das ZDF zeigt die acht jeweils rund sechsminütigen Episoden, die im Februar/März 2016 zum ersten Mal zu sehen waren, am Donnerstag (23. November) ab 0.45 Uhr noch einmal. Außerdem lassen sie sich in der ZDFmediathek abrufen.
„Es freut mich ganz besonders, dass dieser international so renommierte Preis an eine Miniserie geht, die sich mutig und unkonventionell mit dem Thema Rechtsradikalismus auseinandersetzt“, so ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler. „Familie Braun“ (Buch Manuel Meimberg, Regie Maurice Hübner) geht mit dem Thema unkonventionell und humorvoll um. „Ich hab‘ mich sechs Jahre um sie gekümmert, jetzt bist du dran!“, sagt die Mutter, als sie Lara bei ihrem Neonazi-Papa abliefert. Der guckt ziemlich blöd aus der Wäsche, kann aber wenig machen. Denn die Frau, mit der er mal eine Nacht verbracht hat, wird in ihr Heimatland abgeschoben.
„Ich heiße Lara, ich bin sechs“, sagt die Kleine, und ab diesem Zeitpunkt ist in der Neonazi-WG nichts mehr, wie es mal war. Gelungene Beispiele für Situationskomik gibt es immer wieder. Nomie Lane Tucker und Edin Hasanovic, der 2016 mit der Goldenen Kamera als bester Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet wurde, sind außerdem ein perfektes Duo.
„Wer ist das?“, fragt Lara und guckt auf das Bild an der Wand. Und auf die Antwort „Das ist Adolf Hitler!“ legt sie gleich mit der nächsten Frage nach: „Warum guckt der so traurig?“ Da können Neonazis wie Kai (Vincent Krüger) schon ziemlich in Schwierigkeiten kommen: „Negerkind, frag‘ nicht so viel Scheiße. Das nervt!“, schreit er. Und drängt Thomas dazu, das „Negerkind“ auszusetzen.
Dumm nur, dass sie bald von der Polizei zurückgebracht wird. Und so kommt es immer wieder zu Szenen, die manchmal etwas Bizarres haben, etwa, wenn Kai Lara zum Einschlafen aus Hitlers „Mein Kampf“ vorlesen will oder Lara sich wünscht, zum Kostümfest in der Schule als Hitler verkleidet zu gehen. Stattdessen bastelt ihr Papa Thomas aus einer Hakenkreuzfahne ein Marienkäferkostüm.
Im letzten Teil von „Familie Braun“ zieht er mit Lara aus. Kai sucht nach einem neuen Mitbewohner und wird fast wahnsinnig, weil sich zunächst nur Menschen mit Migrationshintergrund vorstellen. Begeistert entscheidet er sich für die erste Blondine, die sich vorstellt. Doch die sucht nur ein WG-Zimmer für ihren Halbbruder. Und der sitzt erstens im Rollstuhl und hat zweitens eine Hautfarbe, die sich kaum von Laras unterscheidet.
[Andreas Heimann]
Bildquelle:
- Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com