Wiener „Tatort“ als Kritik an der Leistungsgesellschaft

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Wenn Erfolg über persönlichem Glück steht: Mit dem geplanten Mord an seinen Eltern will ein Student auf die Fehler der Leistungsgesellschaft hinweisen. Die Wiener „Tatort“-Ermittler Eisner und Fellner wollen die Tat verhindern.

Traditionell setzt der „Tatort“ erst dann ein, wenn der Mord bereits begangen wurde. Diesmal ist aber für die Wiener Ermittler alles anders: Sie sollen vielmehr den angekündigten Doppelmord an einem hochangesehenen Ehepaar durch den eigenen Sohn verhindern. Vor den Augen der Öffentlichkeit führen die Recherchen von Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in ein Netzwerk radikaler Aktivisten. Dabei wird die große Verzweiflung vieler junger Menschen gezeigt, die dem Druck der Leistungsgesellschaft scheinbar nicht mehr standhalten können. Regisseur und Drehbuchautor Rupert Henning zeichnete mit „Schock“ an diesem Sonntag (20.15 Uhr) im Ersten eine spannende wie beklemmende Folge über den Alltag junger Erwachsener im digitalen Zeitalter.
 
Der Lerndruck für Studierende sei viel zu hoch. Ansehen und berufliche Erfolge zählten viel mehr als persönliches Glück. David Frank (überzeugend gespielt von Aaron Karl) ist unzufrieden mit der Welt. Um seine gesellschaftskritischen Botschaften möglichst medienwirksam anzubringen, greift er zum Äußersten.

Das gut situierte 22-jährige Einzelkind aus bestem Hause entführt seine Eltern und droht, sie umzubringen. Auch seinen Selbstmord kündigt der Eliteschüler in einer auf sozialen Medien verbreiteten Botschaft an. Klar spricht der junge Medizin-Student, ohne jede Verzweiflung oder Wut. „Mir ist bewusst, dass man alles daran setzen wird, meine Tat zu verhindern. Das ist Teil meines Plans.“ Seine Tat sei kein Amoklauf, keine Rache und habe keine religiösen Gründe.
 
„Niemand fragt dich später, wer du bist. Nur, was du bist“, hörte Frank von seinem Vater, als er nach einem Schicksalsschlag überlegte, sein Studium auf Eis zu legen. Durch seine Tat wolle er die Kälte, die ihm und seinen Freunden in der Welt entgegenschlägt, thematisieren. Niemand könne danach einfach weiterleben wie vorher. Als „kalt, obwohl es beheizt ist“, empfindet auch Fellner die noble Villa der Franks. Von Liebe war nicht viel zu spüren in der Familie.
 
In typischer Manier ärgern sich auch die beiden Kommissare die ganzen Ermittlungen lang gegenseitig. Doch diesmal hat Eisner tatsächlich Grund für seine schlechte Laune. Intern gibt es viel Streit um die Korrektheit der Abläufe. Einmal lockt der Täter die Kommissare in die Falle und sendet die Fehlermittlungen live ins Netz – zum Gelächter vieler. Auch mit der Justizministerin legt sich Eisner an.
 
Wirklich brisant wird es, als der unliebsame Freund von Eisners Tochter plötzlich ins Visier der Fahnder gerät. Einige Folgen lang konnten die Zuseher die starke Abneigung Eisners für den jungen Mann schon sehen. Doch wird Eisner mit seinen Anschuldigungen recht behalten? Oder leiten ihn seine Emotionen in eine falsche Richtung?
 
Seine Tochter hält dem grimmigen Polizisten jedenfalls eine flammende Rede zur Lage ihrer Generation. Drogenkonsum, das Einwerfen von aufputschenden Amphetaminen, sei Normalität an der Uni. „Wir sind süchtig aus Vernunft“, so der Vorwurf. „Wir schlucken das Zeug, damit wir den Erwartungen der Leistungsgesellschaft entsprechen.“
 
Die Sozialwissenschaftlerin Sarah Adler kommt auch ins Spiel. Weiß die Professorin, die ihre Studenten als „unfreiwillige Erben der Wirtschaftskrise“ ansieht, mehr als sie zugeben will?
 
Es ist bereits der zweite Fall, den Regisseur Henning für die Krimiserie übernahm. Im März 2015 lief die Folge „Grenzfall“ mit großem Quotenerfolg und guten Kritiken. Im Schnitt verfolgten damals 9,59 Millionen Zuschauer in Deutschland die beiden Kommissare, als sie einen Fall aus dem Kalten Krieg im Waldviertel an der Grenze zu Tschechien aufrollten.

[Sandra Walder/buhl]

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3 Kommentare im Forum
  1. leider genau solch oop: wenn nicht gar schlimmer und das dümmliche Gelaber und Rumgeschreie macht es auch nicht besser
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