Wandervogel Wontorra: „Ruhestand ist einfach nichts für mich“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Jörg Wontorra ist längst zum Markenzeichen in der Sportwelt geworden. Deswegen moderiert er auch nach seinem 70. Geburtstag die Talkshow weiter, die nach ihm benannt ist.

Jörg Wontorra redet gerne. Und am liebsten plaudert er über Fußball. Wer mit ihm schon einmal einen langen Abend an einer Hotel-Bar verbracht hat, kann das bestätigen. Aber Wontorra fühlt sich auch im Scheinwerferlicht wohl. Deshalb wird der Sportmoderator auch nach seinem 70. Geburtstag weiter vor der Kamera stehen.

Oder besser gesagt: sitzen. Denn seit der Saison 2017/18 ist er wieder im Geschäft und arbeitet für Sky Sport News als Gastgeber der nach ihm benannten Sendung „Wontorra – der Fußball Talk“. Nach fast zwei Jahren Bildschirm-Pause war der Sportjournalist zu dem Schluss gekommen: „Ruhestand ist einfach nichts für mich. Es juckt mich wieder.“

Kurioserweise tritt er mit seiner neuen Sendung gegen seine alte an: Das TV-Urgestein war zuvor bei der Konkurrenz unter Vertrag und dort Gastgeber des Fußball-Talks „Doppelpass“ beim frei zum empfangenden Sender Sport1, der früher DSF hieß. Durchschnittlich 156.000 Zuschauer pro Sendung hat er in dieser Saison. Bei Sport1 waren es erheblich mehr.

Im Fußball werden Spieler als Wandervogel bezeichnet, wenn sie ständig den Verein wechseln. Der Sport-Journalist gehört auch zu diesem Typus, im Privatleben mit drei Ehen – aus einer stammt die ebenfalls als Sportreporterin aktive Tochter Laura (29) – und im Medien-Business. Der in Lübeck geborene Wontorra hat dabei eine durchaus schillernde Karriere hingelegt, die beim Norddeutschen Rundfunk begann und ihn früh zu Radio Bremen brachte. Als Moderator des Fußball-Klassikers „Sportschau“ in der ARD wurde er bundesweit populär.„Sportschau“, „ran“, „Doppelpass“ oder Konferenz – Wontorra hat für alle moderiert

Diese Bekanntheit nutzt er. 1992 wechselte Wontorra vom öffentlich-rechtlichen zum privaten Fernsehen und heuerte bei Sat.1 an, wohin die TV-Rechte der Fußball-Bundesliga gewandert waren. Als Moderator und Kommentator der Fußball-Sendung „ran“ stand er neben Reinhold Beckmann im Blickpunkt bei der neuen, bunten Art der Fußball-Präsentation.

Weiter ging es zu Premiere, dem Vorläufer von Sky, wo er im August 2000 die erste Bundesliga-Konferenz moderierte. Und von 2004 bis 2015 präsentierte er elf Jahre lang den „Doppelpass“ auf Sport1. Danach vermisste er etwas: „Eineinhalb Jahre nach meiner letzten Sendung muss ich mir eingestehen: Ruhestand ist einfach nichts für mich. Ich liebe den Fußball und nichts ist schöner, als darüber zu diskutieren.“

Bei Sky waren sie mächtig stolz bei ihrer Neuverpflichtung. „Jörg Wontorra ist eine der prägenden Persönlichkeiten des deutschen Sportjournalismus“, schwärmte Sportchef Roman Steuer. Bei mehreren Sendern „war er maßgeblich an der Etablierung zahlreicher TV-Erfolgsformate beteiligt.“ Auf längere Sicht weniger erfolgreich waren die Ausflüge ins Show-Business mit „Bitte melde dich“, „Erben gesucht“ oder „Sommer, Sonne, Sat.1“.

Im Sport kennt sich der Journalist am besten aus und bleibt bei aller Begeisterung für den Fußball immer kritisch. Was ihm ausgerechnet bei Werder Bremen – „mein Verein“, wie er unumwunden zugibt – einige Male Ärger einbrachte. 1987 verhängte Werder sogar ein Interview-Verbot für Trainer, Manager und Spieler, weil Wontorra in einem Bericht über das UEFA-Pokalspiel gegen Mjöndalen IF (0:1) von „Betrug“ gesprochen hatte. Unbeliebt machte er sich auch, als er vor knapp sechs Jahren in einer Kolumne des „Weser-Kuriers“ über die damalige Werder-Führung schrieb: „Der Fisch stinkt vom Kopf.“

Er kennt die Leute ja gut und die Leute ihn – schließlich saß Wontorra sogar mal im Aufsichtsrat des Vereins. [Michael Rossmann, dpa]

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