Es gibt nur wenige deutsche Fernsehsendungen, die auf eine 50-jährige Geschichte zurückschauen können. Das NDR-Gesundheitsmagazin „Visite“ gehört dazu. Es steht den Menschen mit ihren kleinen und großen Wehwehchen zur Seite.
Die Moderatorin des NDR-Gesundheitsmagazins „Visite“, Vera Cordes, bekommt Gänsehaut, wenn sie an die Begegnung mit einer Zuschauerin in Boizenburg (Mecklenburg-Vorpommern) zurück denkt. „Wenn ich Ihre Sendung nicht gesehen hätte, hätte man mir das Bein abgenommen“, habe die Frau gesagt, erinnert sich Cordes.
Eine Sendung zuvor sei der dringende Rat ergangen, vor einer Amputation als Folge schwerer Gefäßverschlüsse noch einen Spezialisten zuratezuziehen. Der habe dann tatsächlich zwei Arterien-Verengungen gefunden, die geweitet werden konnten. Das Bein war gerettet. Heute, am 21. Januar, feiert die Sendung ihr 50. Jubiläum.
Von Krampfadern bis Tabletten
Begegnungen wie in Boizenburg habe es im Laufe der Jahre immer wieder gegeben. Doch die positiven Reaktionen auf die dienstagabends ausgestrahlte Sendung seien immer ein Gradmesser, ob die mit vielen Wissenschaftsjournalisten besetzte Redaktion das richtige Näschen für die fünf bis sieben Themen pro Sendung hatte. „Wir möchten den Zuschauern Ratschläge an die Hand geben, mit denen sie ihre Krankheiten besser bewältigen oder besser mit ihnen leben können“, fasst die Journalistin zusammen.
Da geht es von den einfachen und sich wiederholenden Themen wie Krampfadern, Tabletteneinnahme oder Stärkung des Immunsystems bis hin zu Themen, bei denen der Stand der Wissenschaft vermittelt wird. Das i-Tüpfelchen bei den Reaktionen sei, wenn Ärzte kommen und sagen: „Damit seid Ihr richtig weit vorne.“
Ursprünge im DDR-Fernsehen
Seit 23 Jahren wird die mehrfach ausgezeichnete „Visite“ von Cordes moderiert, durchschnittlich sind bundesweit 1,2 Millionen Zuschauer dabei. Kaum jemand weiß, dass die Sendung 50 Jahre alt ist und ihren Ursprung im DDR-Fernsehen hatte. Produziert wurde damals in Rostock nach einem vergleichbaren Muster, wie Siglind Zettl berichtet. Sie war von 1973 bis 2006 als Autorin, Redakteurin und schließlich auch als Redaktionsleiterin für „Visite“ tätig.
„Auch damals ging es um Kinderkrankheiten, Magengeschwür oder Fußpilz über Gesundheitsvorsorge und Impfen bis zur Nierentransplantation“, erzählt Zettl. Es gab einen Beirat aus 35 Medizinern verschiedenster medizinischer Fachbereiche. „Berichtet wurde in der Sendung über Erkenntnisse aus der DDR und dem sozialistischen Ausland, nicht über die aus dem Westen.“ Vorgaben habe es keine gegeben, sagt Zettl, aber das unausgesprochene Verbot, über bestimmte Themen zu berichten: Alkoholismus, Geschlechtskrankheiten oder Homosexualität.
Auch nach der Wiedervereinigung wurde „Visite“ aus Rostock fortgesetzt, parallel dazu gab es den „ARD-Ratgeber Gesundheit“. 1999 wurden beide Redaktionen in Hamburg zusammengelegt, der Name „Visite“ setzte sich durch.
Heutiges Erfolgsrezept
Das heutige Konzept beruhe auf größtmöglicher Abwechslung. „Wir versuchen, die Komplexität eines Themas auf ein verständliches Maß zu reduzieren, ohne dass etwas falsch wird – das gelingt dank der jahrelangen Erfahrung“, sagt Cordes. Animationen für wissenschaftliche Details gehörten dazu wie die Geschichten von realen Patienten. „Wir sind uns der Verantwortung bewusst, nicht zu viel Hoffnung zu schüren.“ Zudem müssten die Bilder ästhetisch bleiben. „Die Menschen schalten ab, wenn die Optik nicht stimmt.“
Der Erfolg der Sendung motivierte den NDR, weitere Gesundheitsformate ins Leben zu rufen. So gibt es „Abenteuer Diagnose“, „Die Ernährungs-Docs“, „Die Bewegungs-Docs“ und künftig „NDR Gesund mit Dr. Wimmer“. Alle versuchen, mit ihren Beiträgen ein Mittler zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Menschen mit ihren Beschwerden und Sorgen zu sein.
Bildquelle:
- visite: NDR