Nachdem eine 15-Jährige in einem RTL2-Beitrag der Reihe „Exclusiv – Die Reportage“ über Swingerclubs zufällig ihre Eltern entdeckt hat, haben diese auf Schmerzensgeld geklagt, weil ihre Gesichter in den Beitrag nicht unkenntlich gemacht worden waren. Das Gericht wies die Klage ab, erkannte den Eltern jedoch ein Statisten-Honorar zu.
Ausschlaggebend sei, dass das Paar freiwillig an der Produktion mitgewirkt habe, begründete der Vorsitzende der 9. Landesgerichtskammer das Urteil am Mittwoch. Einzig auf ein Statisten-Honorar hätten sie Anspruch, entschied das Zivilgericht. Dies berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstagsausgabe).
Für den Sender RTL2 und die betroffene Produktionsfirma ist die Situation mehr als peinlich, denn offenbar fehlten funktionierende Kontrollinstanzen. Während der zuständige Jungredakteur allen Beteiligten der Reportage zugesichert hatte, sie vor Ausstrahlung des Materials unkenntlich zu machen, wurde dies bei der Produktionsfirma im Nachgang vergessen. Der Sender schließlich nahm fälschlicherweise an, alle erkennbaren Akteure hätten ihr Einverständnis gegeben.
Der Beitrag wurde im Rahmen der Sendung „Exclusiv – Die Reportage“ im Fernsehen ausgestrahlt und anschließend auch zwei Wochen im Internet zur Verfügung gestellt. Dort stieß schließlich die 15-jährige Tochter der Kläger auf die freizügigen Bilder ihrer Eltern, woraufhin diese augrund der fehlenden Unkenntlichmachung beim Zivilgericht auf Schmerzensgeld klagten.
Laut dem Vorsitzenden Richter ist dies bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts jedoch nur ausnahmsweise fällig. Da im vorliegenden Fall den Filmaufnahmen grundsätzlich zugestimmt worden sei, gebe es keinen rechtlichen Angriffspunkt. Allerdings stehe erkennbaren Statisten in solchen Beiträgen eher Geld zu als durch Pixel unkenntlich gemachten Personen. Für jeden Kläger wurde eine Zahlung von 200 Euro vorgeschlagen.
Der Anwalt der Eltern forderte jedoch eine höhere Zahlung, weil im konkreten Fall „nicht beim Kaffeetrinken, sondern in einem sehr sensiblen Bereich“ gefilmt worden sei. Um diesen Forderungen zu entsprechen, müsste allerdings die Tochter aussagen, machte das Gericht klar. Sie müsse vor Gericht bezeugen, dass sie völlig unvorbereitet ihre Eltern in dem Beitrag entdeckt hätte und seitdem der Familienfrieden massiv gestört sei. Allerdings sollte man eine solche Situation der 15-Jährigen besser ersparen, empfahl der Vorsitzende.
Daher wurde eine gütliche Einigung der Parteien angeregt, welche beide Seiten annahmen. Demnach zahlen Produktionsfirma und Sender insgesamt 3000 Euro an die Kläger für Statisten-Honorare und die vorgerichtlichen Anwaltskosten. Auch für RTL2 sei dies eine günstige Lösung, so der Richter. Denn Beiträge wie diese lebten schließlich davon, echte Menschen zu zeigen.
Update 17.2., 8.57 Uhr: Der Beitrag über den Swinger-Club wurde nicht im Rahmen von „Explosiv“ (RTL), sondern im Rahmen von „Exclusiv – Die Reportage“ (RTL2) ausgestrahlt. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat ihre frühere Berichterstattung korrigiert[sv]
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