Sie ist eine der erfolgreichsten Fernsehserien der vergangenen Jahre – oder könnte es zumindest gewesen sein. Denn „Two And A Half Men“ verzichtet auf Charlie Sheen – und die neue Staffel dürfte es schwer haben, die Lücke zu füllen. Ein netter Kerl soll den Rüpel ersetzen.
„Jumping the shark“ sagt man im Amerikanischen, wenn etwas den Höhepunkt überschritten hat. Die Redewendung kommt von der in den USA legendären Fernsehserie „Happy Days“, in der, als die Quote durchhing, Hauptdarsteller „Fonzie“ mit Wasserskiern und Lederjacke über einen Hai sprang. Doch auch die eher peinliche Aktion konnte den Niedergang der Serie nicht aufhalten. Der Begriff taucht jetzt in amerikanischen Medien wieder auf und es geht um eine Erfolgsserie: „Two and a Half Men“ startet am heutigen Montag (Ortszeit) zum ersten Mal ohne Charlie Sheen (46) – und niemand weiß, ob das funktioniert.
Acht Jahre lang wollten Millionen Menschen in den USA, Deutschland und fast 50 anderen Ländern sehen, wie Charlie Harper mit seinem netten, aber ewig jammernden Bruder und dessen Sohn auskommt. Dessen Rolle änderte sich, während Schauspieler Angus T. Jones (heute 17) vor den Augen der ganzen Nation pubertierte, von ganz niedlich über lästig hin zu dumm und verfressen. Und Charlie Sheen? Der spielte die gleiche Rolle wie zuvor schon den Charlie in „Chaos City“: Ein ewig trinkender Frauenheld, der nichts so sehr scheut wie Arbeit und Verantwortung und dennoch immer wieder auf die Füße fällt.
Was jeder ahnte: Sheen spielte vor allem sich selbst. Immer wieder geriet er in die Schlagzeilen, die selbst für Charlie Harper eine Nummer zu groß gewesen wären. Mal geht er auf seine Frau mit einem Messer los, mal feiert er mit Stripperinnen in einem Hotel, mal liegt sein teurer Mercedes zerschellt auf den Klippen Malibus. Doch Sheen war ein Quotengarant und deshalb sahen die Produzenten über vieles hinweg. Als er aber Serienerfinder Chuck Lorre angriff („verseuchte kleine Made“) und auch vor antisemitischen Beleidigungen nicht zurückschreckte, wurde er rausgeworfen.
Ein Sunnyboy soll es richten. Denn die Serie geht weiter, nur dass statt Charlie Harper jetzt Walden Schmidt in das Strandhaus in Malibu einzieht. Ashton Kutcher (33) spielt den geschiedenen Internetmilliardär, der die Lücke füllen soll. „Ich kann Charlie Sheen nicht ersetzen“, sagte Kutcher bei seiner Vorstellung im Mai. „Aber ich werde mir den Arsch aufreißen, um die Leute auf Teufel komm raus zu unterhalten“.
Zwischen Kutcher und Jon Cryer (46), Sheens Serienbruder Alan, scheint die Chemie zu stimmen – was mit Sheen nicht so klappte. Einen „Troll“ soll Sheen den fünf Monate älteren Kollegen genannt haben. „Ich würde jede Entschuldigung akzeptieren, privat oder öffentlich“, sagte Cryer bitter in der Talkshow von Ellen DeGeneres. Aber Sheen macht keine Anstalten, sich zu entschuldigen. Vermutlich gab es im Drehteam einige, die genüsslich Charlies Beerdigung gedreht haben. So soll der einstige Hauptdarsteller zumindest laut Insidern aus der Serie verschwinden.
„Es ist spaßig, wieder Spaß zu haben. Es war nicht immer spaßig“, sagte Cryer nach den ersten Drehtagen mit Kutcher. Beide verstehen sich gut – und das könnte das Problem sein. Sheen war ein so gutes schlechtes Vorbild, dass dem Konzept „drei Engel satt Charlie“ der Reiz fehlen könnte. Was wären „Dallas“ ohne „J.R.“, „Eine schrecklich nette Familie“ ohne „Al Bundy“ oder Ekel Alfred ohne Ekel Alfred?
Es gibt schon Fanklubs und Internetinitiativen, die Sheen zurückhaben wollen, noch bevor die erste Sekunde „Two and a Half Men“ ohne ihn gezeigt ist. Lieber den saufenden Idioten mit einem Faible für Prostituierte, als den netten Kerl mit der 15 Jahre älteren Frau (Kollegin Demi Moore). Vielleicht äußert sich Sheen ja deshalb plötzlich versöhnlich, ja fast reuig: „Ich hätte etwas mehr Verantwortung zeigen sollen“, sagte er bei Talkmaster Jay Leno über die letzten Tage bei „Men“. Und: „Ich hätte mich auch gefeuert“. [Chris Melzer]
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