Am Ostersonntag schippert das ZDF-Traumschiff nach Vancouver und ist dabei thematisch in noch seichteren Wassern unterwegs als sonst. Eine Zumutung.
Ein nervender Hypochonder auf Reisen. Eine tatsächlich kranke Frau auf der Suche nach ihrem großen Idol. Eine weitere mit gebrochenem Herzen auf der Suche nach der Liebe. Und Vater und Sohn, die nach einem tragischen Verlust wieder zusammenfinden. Wenn all diese Schicksale sich auf hoher See treffen, ist klar: Es ist wieder „Traumschiff“-Zeit im ZDF. An Ostersonntag (20.15 Uhr und in der Mediathek) schippert der Luxusdampfer verlässlich wieder los, dieses Mal geht es ins kanadische Vancouver.
Wenn die liebessuchende Maike (Birthe Wolter) sicher ist, noch einen 15. Mann in ihrem Leben küssen zu müssen, bevor sie die große Liebe findet und sagt „muss ja nicht mit Zunge sein“, soll das wohl witzig sein – ebenso wenn Hypochonder Jan Kessler (Ingolf Lück) über seinen Schnupfen jammert.
Dass er schließlich einräumen muss, Schiffsärztin Dr. Jessica Delgado (Collien Ulmen-Fernandes), die er für zu jung und zu weiblich hält, Unrecht getan zu haben, soll wohl ein kritischer Blick auf den alten, weißen Mann sein. Wenn das Bötchen vom Stellvertreter-Kapitän Grimm (Daniel Morgenroth) abhanden kommt und der doch tatsächlich überlegt, ob er Kapitän auf seinem eigenen Schiff werden soll, soll das wohl dramatisch sein.
Und wenn der junge Niklas (Levi Busch) bei einer Bootsfahrt mit seinem Date völlig unvermittelt erzählt, dass er gern Frauenkleider trägt und kurz darauf Ex-„Topmodel“-Juror Bruce Darnell mit einer Horde Drag-Queens auftaucht, soll das wohl woke sein. Was genau die Geschichte der an Multipler Sklerose erkrankten Corinna Sander (Leonie Brill) soll, die in einem kanadischen Wald nach ihrem Lieblings-Autor sucht, das erschließt sich wohl noch nicht einmal dem geneigtesten Zuschauer.
Das „Traumschiff“ unterbietet sich selbst
Natürlich hat das „Traumschiff“ sich noch nie die unnötige Mühe gemacht, Klischee-Klippen zu umschiffen oder besonders originelle oder gar überraschende Geschichten zu erzählen. Und von der Hoffnung, Florian Silbereisen könnte als Kapitän Max Parger irgendwann wenigstens einen Satz sprechen, der nicht klingt wie die Ankündigung des nächstes Schlager-Showacts, hat man sich inzwischen ja schon vor einer Weile verabschiedet.
Aber was das ZDF seinem Osterpublikum in diesem Jahr auf der Fahrt nach Vancouver zumutet, das unterbietet noch einmal alles bisher Dagewesene – schauspielerisch, erzählerisch, dialogisch – und ist an Lieblosigkeit kaum zu überbieten. Daran kann nicht einmal der sonst so wunderbare Bruce Darnell („Die Handetasche muss lebendig sein“) etwas ändern. Nie waren die erlösenden Wunderkerzen auf dem Dessert erlösender. Irgendwann sagt Lück als Hypochonder den einzig treffenden Satz des ganzen Films: „Das Schiff sinkt – medizinisch gesehen.“
Text: dpa/ Redaktion: JN