„Tiere der Großstadt“ – Melancholischer Berlin-„Tatort“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Ein Roboter als Mörder? Künstliche Intelligenz, aber auch gefährliche, wilde „Tiere der Großstadt“ beschäftigen das Berliner „Tatort“-Team in seinem neuen Fall.

Eine Wildschwein-Rotte schlendert über den frühmorgendlichen Kurfürstendamm. In der Bäckerei geht das Brot auf. Im gläsernen Kaffee-Roboter liegt ein Toter. Drei angetrunkene Nachtschwärmer machen ein Selfie mit der Leiche. „Tiere der Großstadt“ heißt der neue Berlin-„Tatort“ mit Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke), der am Sonntag (16. September, 20.15 Uhr) im Ersten gezeigt wird. Kann eine mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Maschine zum Mörder werden? Das ist eine der Fragen, die das Ermittlerpaar in seinem neuesten Fall beantworten muss.

Der letzte „Tatort“ aus der Hauptstadt war ein echter Quotenrenner – den auf der Berlinale spielenden experimentellen Film-im-Film-Fall „Meta“ verfolgten im Schnitt 10,23 Millionen Zuschauer. Der Marktanteil lag bei starken 27,3 Prozent. Die Episode „Tiere der Großstadt“ ist nun wieder viel traditioneller erzählt – neben dem Fall des Toten im Kaffee-Automaten beschäftigt die Kommissare auch der brutale Tod einer Joggerin, in deren klaffender Wunde bei der Obduktion die Borsten eines Wildschweins gefunden werden.
 
Haben die beiden tragischen Todesfälle zwischen Hightech und wilder Natur etwas gemeinsam? Im achten gemeinsamen Fall von Rubin und Karow scheinen die Rollen wieder klar verteilt und eine kameradschaftliche Annäherung der beiden weiter entfernt als jemals zuvor: Als echter Stinkstiefel mobbt der penetrant muffige und missmutige Karow jeden, der ihm vor die Augen kommt. Wieder mal und dieses Mal besonders fies trifft es dabei Kommissarsanwärterin Anna Feil (Carolyn Genzkow).
 
Und Rubin trauert ihrer abhanden gekommenen Familie heftig nach. Ihr Sohn Tolja ist zwar nach Berlin zurückgekehrt. Er ist aber in eine Wohngemeinschaft gezogen und hält seine Mutter auf Abstand. Grandios ist die Szene, in der Rubin dem Fahranfänger Tolja als fast hysterische Beifahrerin unbestechliche Tipps für den rüden Berliner Straßenverkehr gibt. „Meine Familie war irgendwie wie eine kugelsichere Weste“, gesteht Rubin dem Kollegen Karow in einem schwachen Moment und bricht im Dienstwagen vor dem hilflosen Karow in Tränen aus. Ihre Verlustgefühle versucht Rubin mit einem ihrer berüchtigten Ausflüge ins Berliner Nachtleben zu kompensieren.
 
Der Berlin-„Tatort“ in der Regie von Roland Suso Richter („Dschungelkind“, „Mogadischu“ ) inszeniert auch die Hauptstadt selbst wieder mit – eine winterliche Metropole in kühlen blauen Farbtönen, im Zeitraffer erwachend und zu elektronischen Klängen (Musik: Nils Frahm, „Victoria“) pulsierend. Und nachts treiben sich nicht nur die Wildschweine auf den Straßen herum, auch ein Fuchs schleicht an Nina Rubin vorbei.
 
 
Dieser „Tatort“ erzählt von Liebe, Verlust und Einsamkeit – und die Ermittler kämpfen wieder mit dem eigenen Selbstverständnis. Das kühle Setting von „Tiere der Großstadt“ verstärkt noch das Gefühl der Protagonisten zwischen trotziger Wut, Melancholie und Resignation. Der richtige Krimi zum Start in den Herbst. [dpa]

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