Vorzeige-Vegetarier folgt gelerntem Metzger – so könnte man die Nachfolgeregelung beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest beschreiben. Da löst Thomas D nächste Woche ProSieben-Gesicht Stefan Raab ab.
Der Sänger der Fantastischen Vier ist der neue Jury-Präsident, der in der ARD und bei ProSieben ab dem 12. Januar ein Talent für das Grand-Prix-Finale in Baku sucht. Im Interview mit Christoph Driessen schildert er, wie er die Sache anpacken will.
Ein bisschen überraschend, dass Sie das jetzt machen. Waren Sie nicht auch überrascht?
Thomas D: Im ersten Moment schon. Das war so lustig: Zuerst hieß es, Stefan Raab will deine Telefonnummer, und ich habe mich gefragt, was es zu bedeuten hat, wenn Stefan selber anruft. Will er, dass ich beim Turmspringen mitmache? Und dann sagt er mir, ich soll neuer Jurypräsident werden. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich habe mir Bedenkzeit auserbeten. Ich habe die Argumente Für und Wider abgewogen und bin dann zu dem Schluss gekommen, dass ich immer schon Präsident sein wollte.
Wenn auch nicht unbedingt bei dieser Veranstaltung.
Thomas D: Hauptsache mal Präsident. Im Ernst: „Unser Star für Baku“ ist eine großartige Show mit einem großartigen Konzept, bei dem es darum geht, einen Künstler zu finden, aufzubauen und zu begleiten. Außerdem bin ich jemand, der gerne Herausforderungen annimmt, und eine solche sehe ich hier. Ich bin der Meinung, ich bin dafür der Richtige und gebe vielleicht noch ein bisschen was dazu, was bisher noch nicht drin war.
Was ist denn der Input, den Sie da noch geben können?
Thomas D: Ich gehe vielleicht mehr von der künstlerischen Seite ran. Ich habe eine über 20-jährige Erfahrung als Musiker in der Popkultur. Zum anderen ist mein Wunsch, ein Talent zu finden und zu fördern, sehr stark. Der Kandidat liegt mir sehr am Herzen. Das soll der Start einer Karriere sein und nicht das Ende, wie bei manch einer anderen Show. Ich werde als Produzent auch bestrebt sein, ein Album zu machen, das eine gewisse Tiefe mit sich bringt. Ich bin der Meinung, dass Pop heute durchaus Ecken und Kanten haben darf.
Aber passt das zum Grand Prix: Tiefe, Ecken, Kanten?
Thomas D: Die Frage, was für einen Titel man machen muss, um zu gewinnen, kann sich ja immer nur auf die Vergangenheit beziehen: Guck mal, die haben damit abgeräumt und die damit. Das ist aber letztlich immer zum Scheitern verurteilt. Man kann es nicht berechnen. Wir brauchen etwas, das authentisch ist. Wir brauchen etwas, das sich mit Leben füllt, das Herz und Seele hat. Der Gewinner muss darin aufgehen.
Das hört sich an, als würden Sie den Eurovision Song Contest ausklammern und einfach ganz allgemein einen guten Interpreten und Titel suchen.
Thomas D: Es ist nicht mein erklärtes Ziel, den Song Contest zu gewinnen, sondern einen Künstler auf den Weg zu bringen, der uns hoffentlich sein Leben lang begleitet und immer wieder mit guter Musik versorgt.
Wobei, wenn der jetzt ganz schlecht abschneidet, wird das mit der großen Karriere auch nichts.
Thomas D: In der Regel wird das schon ein Hit sein, mit dem wir dahingehen. Ich hoffe, dass er in dem Moment unser Herz schon erobert hat. Und wenn es dann nicht klappt, dann muss man eben sagen: Da hat die Welt dann in diesem Fall einen anderen Geschmack als wir. Aber davon gehe ich erstmal auch nicht aus.
Wie fanden Sie Lena?
Thomas D: Lena ist großartig. Die hat das Land verzaubert und dann auch noch gewonnen. Unglaublich.
Und wie sind die Anwärter auf ihre Nachfolge – haben Sie da schon ein
paar gute Leute gefunden?
Thomas D: Auf jeden Fall. Wir haben jetzt unter den letzten 20 einige, da würde ich schon sagen: Mehr kann ich mir nicht wünschen. Die Basis ist jetzt schon so, dass ich mir keine Sorgen machen muss.
Fallen die Bewertungen der Jury wieder eher mentormäßig als bohlenhaft aus?
Thomas D: Wir wollen niemanden runtermachen. Kritik, wo Kritik sein muss, aber wir haben ja hier bereits 20 große Talente.
Acht Sendungen – trägt das wirklich über so eine lange Strecke?
Thomas D: Auf jeden Fall. Die Kandidaten sind sehr unterschiedlich. Und jede Runde hat der Zuschauer die Qual der Wahl, wen er weiter wählt. Da ist für genügend Nervenkitzel gesorgt.
Vielen Dank für das Gespräch.INTERVIEWs im Überblick
[Interview: Christoph Driessen]
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