Die umstrittene Fernsehsendung „Tatort Internet“ auf RTL2 hat erneut zu einer Verurteilung wegen versuchten Kindesmissbrauchs geführt. Das Amtsgericht München verurteilte am Dienstag einen 44-jährigen Mann zu sechs Monaten Haft auf Bewährung.
Er war einem Lockvogel der TV-Serie, an der auch Stefanie zu Guttenberg mitwirkte, ins Netz gegangen. Erst Anfang Juni war als Folge der Serie ein anderer Mann wegen versuchten sexuellen Missbrauchs verurteilt worden (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Für die inzwischen abgesetzte Serie hatte sich eine 19 Jahre alte Auszubildende wiederholt als Lockvogel zur Verfügung gestellt und als 13-Jährige ausgegeben.
Im aktuellen Fall chattete der 44-Jährige laut Anklage im April 2010 mit der angeblichen Schülerin und traf sie in einer Wohnung. Dort wurde er zudringlich und habe sie an Po und Brust berührt, sagte die Zeugin. Schließlich kam das Fernsehteam herein und stellte den Mann zur Rede.
Der Richter am Amtsgericht hielt die Schuld des Angeklagten für erwiesen. Dieser sei stets der Überzeugung gewesen, dass das Mädchen, mit dem er chattet, und das er getroffen hat, minderjährig ist. Da die Zeugin jedoch tatsächlich älter als 18 war, seien die sexuellen Berührungen nur versuchter Kindesmissbrauch.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von elf Monaten gefordert, die Verteidigung einen Freispruch. Das Gericht habe sich „vor den Karren des Senders spannen lassen“, monierte die Verteidigung. Aus dem ausgestrahlten Film sei alles Entlastende herausgeschnitten worden. Die Aufnahmen seien eine „massive Verletzung der Persönlichkeitsrechte“ seines Mandanten gewesen.
„Tatort Internet“ auf RTL2 wurde von Stephanie zu Guttenberg, der Frau des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, und dem früheren Hamburger Innensenator Udo Nagel moderiert. Die Sendung löste heftige Kontroversen aus, weil damit Sexualstraftaten angestoßen würden.
Ein RTL2-Sprecher sagte auf Anfrage: „Mit dem Format „Tatort Internet“ haben wir über die Risiken für Kinder im Internet aufgeklärt und Eltern und Kinder bezüglich möglicher Gefahren sensibilisiert“. Die Daten der Täter seien an die Polizei übergeben worden. „Wie weiter mit diesen Personen verfahren wird, ist Sache der der Justiz. Grundsätzlich begrüßen wir die Verurteilung von nachweislich straffällig gewordenen Tätern“. [dpa/ar]
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