Die umstrittene RTL-2-Sendung „Tatort Internet“ mit Stephanie zu Guttenberg hat mehrere potenzielle Kinderschänder überführt. Einer dieser Männer wurde nun von einem Münchner Gericht verurteilt. Eine Fortsetzung der medialen Jagd ist nicht geplant.
An diesem Dienstag sprach das Münchner Amtsgericht das erste Urteil gegen einen mutmaßlichen Kinderschänder, der bei „Tatort Internet“ entlarvt wurde. Wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern wurde der Mann zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Dabei vertrat das Gericht die Auffassung, der Mann sei von RTL „in die Falle gelockt“ worden, wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) berichtete.
Das Gericht hielt dem Mann zugute, das er von dem TV-Team „vorgeführt“ wurde. Die Arbeit mit Lockvögeln sei schon bei polizeilichen Ermittlungen grenzwertig, sagte der Vorsitzende. Um so kritischer sei die Vorgehensweise bei einem Wirtschaftsunternehmen wie einem Fernsehsender zu beurteilen, die mit dem Konzept seine Quoten aufbessern wolle.
RTL 2 sieht seine Arbeit hingegen vom Gericht bestätigt. Auf Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“ hieß es, man begrüße „die Verurteilung von nachweislich straffällig gewordenen Tätern.“ Der Sender hatte die Daten der Männer an die Polizei weitergegeben.“Wie weiter mit diesen Personen verfahren wird, ist Sache der ermittelnden Behörden“, sagte ein RTL2-Sprecher.
Die umstrittene Jagd nach mutmaßlichen Kinderschändern im Web begann im Herbst 2010. Stephanie zu Guttenberg, die Frau des damaligen Bundesverteidigungsministers, übernahm die Patenschaft des Projekts. In der zehnteiligen Reihe hatte das TV-Team insgesamt 56 Männer zu vermeintlichen Treffen mit minderjährigen Mädchen gelockt.
Schon zu Beginn der Ausstrahlung war das Format von der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) beanstandet wurden. Das Format verstoße gegen die im Rundfunkstaatsvertrag verankerten Programmgrundsätze, weil es die Persönlichkeitsrechte nicht hinreichend schützten. Zu diesem Ergebnis kam eine Expertengruppe der Landesmedienanstalten, die insgesamt vier Episoden geprüft hatte (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). [frt]
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