Im Berliner „Tatort“ machen die Ermittler einen grausigen Fund. Eine Spur führt zur vietnamesischen Community der Hauptstadt. Dabei zeigt sich der schroffe Kommissar Karow von einer anderen Seite.
Bei diesem „Tatort“-Fall in Berlin müssen selbst die Ermittler schwer schlucken. Der 59-jährige Hans Engler wird tot mit 19 Messerstichen im Oberkörper in seinem Haus gefunden. Doch es gibt weder Einbruchsspuren noch Hinweise auf einen Raubmord. Schnell stellt sich für das Kommissar-Duo Susanne Bonard (Corinna Harfouch) und Robert Karow (Mark Waschke) die Frage: Was ist, wenn das Opfer selbst Täter war?
Bonard und Karow rücken näher zusammen
Ihr zweiter gemeinsamer Fall „Am Tag der wandernden Seelen“ strahtl das Erste heute um 20.15 Uhr aus. Susanne Bonard und Robert Karow stoßen auf einen verstörenden Folterkeller im Haus des Toten, der die Lage auf den Kopf stellt: Kabelbinder, Heizkolben, Messer in verschiedenen Größen liegen herum und es riecht nach verbrannter Haut. Eine Kamera hat die Horror-Szenarien, die man sich als Zuschauer ausmalen kann, aufgezeichnet. Es wird klar: Eine Frau hat Engler offenbar aus Notwehr getötet und ist dann geflohen.
Vor allem Bonard, einstige LKA-Größe, überfordern die Geschehnisse. Ihrem Kollegen gesteht sie: „Ich hätte ihn auch umgebracht.“ Aber auch den schroffen und rationalen Karow lässt der Fall nicht kalt. Als er VHS-Kassetten mit offensichtlich grausigen Aufnahmen aus dem Keller sichtet, muss er anschließend würgen. Trotz der eher wortkargen Dialoge zwischen der beiden Kommissare wachsen sie emotional ein Stückchen näher zusammen.
„Tatort“ in Berlin zwischen menschlichen Abgründen und Spiritualität
Eine Spur führt sie schließlich in die vietnamesische Community der Hauptstadt nach Lichtenberg und dort zu einer Pagode, einer religiösen Stätte der Gemeinde. Unterstützung bekommen die Kommissare von der LKA-Beamtin Pham Thi Mai (Trang Le Hong), die Zeugenaussagen übersetzen kann und wichtige Hinweise liefert. Vor allem Karow zeigt sich bei seinen Ermittlungen in der vietnamesischen Gemeinde von einer anderen, nahbaren Seite. Er lässt sich auf die Praktiken in der vom Abriss bedrohten Pagode ein. Dort wird der „Tag der wandernden Seelen“ gefeiert, ein Fest anlässlich des Gedenkens an Verstorbene und Ahnen.
Damit bewegt sich der „Tatort“ zwischen menschlichen Abgründen und Spiritualität. Allein schon diese starken Kontraste machen die Folge interessant, auch wenn sie sich stellenweise in die Länge zieht. Regisseurin Mira Thiel geht immer wieder auf die vietnamesische Lebenswelt und deren Geschichte in Deutschland ein. So erzählt eine Zeugin (Mai-Phuong Kollath) – eine Tierärztin aus Charlottenburg – bei einer Vernehmung, sie sei im sogenannten Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen gewesen.
Das Haus – eine zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber sowie für vietnamesische Vertragsarbeiter – war bei rassistischen Anschlägen im Jahr 1992 von Anwohnern und Neonazis unter dem Applaus Tausender Schaulustiger in Brand gesteckt worden. Der Polizei gelang es nicht, die Ausschreitungen zu stoppen. Bonard sagt, diese Zeit sei der Grund gewesen, Polizistin zu werden. „Ich war vorher Lehrerin, ich mochte meine Arbeit. Dann haben meine ehemaligen Schüler angefangen, den rechten Arm zu heben. Ich hatte das Gefühl, ich hab‘ eine Verantwortung.“