Der Pico Bello und sein Spezi werden überfallen. Nun sucht der Jukic einen Mörder, der dem „Dokta“ Geld geklaut hat. Der Wiener „Tatort“ taucht am Sonntag ein ins dreckige Milieu der Kriminellen. Waschechte Gangster sorgen dabei für wenig Spannung, aber gute Unterhaltung.
Der Ausflug ins Wiener Rotlichtmilieu beginnt brutal. Ein Mann wird erschossen, verbrannt – und damit möglichst wenig Spuren bleiben, werden ihm auch noch die Zähne ausgeschlagen. Die Ermittler Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) haben es in ihrem 19. gemeinsamen Fall mit abgezockten Kriminellen zu tun, die auf Rache und ihre Marie aus sind – also ihr schmutziges Geld. Der „Tatort – Her mit der Marie“ an diesem Sonntag (20.15 Uhr) im Ersten ist eine Reise in ein Ur-Wiener Biotop mit merkwürdigen Gestalten aus der Unterwelt – voll Wiener Schmäh und schrägen Spitznamen.
Umgebracht wurde eine Geldbote des „Dokta“ (Erwin Steinhauer), der mit krummen Deals und vielen Puffs ordentlich Geld angehäuft hat, nun Wein anbaut und die Polizisten bestens kennt. Es ist das bekannte Terrain der Bibi Fellner, die lange bei der Sitte gearbeitet hat und von damals noch Leute wie den „Inkasso Heinzi“ kennt. Dass der von Simon Schwarz liebenswert gespielte Autoschrauber mehr weiß, als er sagt, wird von Beginn an klar.
Während Bibi und Moritz die Verstrickungen des „Dokta“ genauer unter die Lupe nehmen und seine Geschäfte auf Links drehen, nimmt der gleich selbst die Suche nach dem Täter in die Hand. Jukic (Johannes Krisch), sein Mann fürs Grobe, geht dabei kompromisslos und besonders genau vor. Selbst der dem „Dokta“ loyale Pico Bello (Christopher Schärf) gerät dabei ins Visier. Hier traut niemand niemandem über den Weg.
Ganz im Gegenteil zu Bibi und Moritz, die immer mehr zu guten Freunden werden. „I bin froh, dass ich dich hab“, sagt Moritz. Bibi kontert cool: „Vergiss das halt bis morgen nicht.“ Trotz freundschaftlicher Annäherung hapert es aber noch bei den Tugenden Vertrauen und Verlässlichkeit, und so ermitteln sie unabhängig voneinander in verschiedene Richtungen. Während dem Zuschauer schnell klar wird, wer wohl hinter dem Mord steckt, brauchen die beiden Ermittler dafür etwas länger. Doch als klar wird, wer die Marie vom „Dokta“ gestohlen hat, geht es plötzlich um Leben und Tod.
Ehrlich gesagt: Übermäßig spannend wird dieser „Tatort“ auch an dieser Stelle nicht. Dafür haben diese 90 Minuten Fernsehfilm andere Qualitäten: Der preisgekrönten Regisseurin Barbara Eder („Thank you for Bombing“) ist es gelungen, einen grundsoliden und amüsanten Retro-Krimi zu kreieren, der den Zuschauer wirklich in die alte Wiener Unterwelt hineinzieht. Die Kriminellen fahren schicke Gangsterkarren, tragen Lederjacken, dicke Ringe und Schnäuzer – der Wiener Dialekt tut sein Übriges dazu. Ein bisschen Nostalgie ob der alten Kaffeehaus-Zeiten wird gepaart mit Ironie, passender Musik und Kriminellen, die zum großen Teil einfach gerne kriminell sind.
Regisseurin Eder und die Autoren Stefan Hafner und Thomas Weingartner balancieren dabei elegant auf dem schmalen Grat zwischen Komödie und Ernsthaftigkeit. In diesem Film ist die Zeit ein wenig stehen geblieben, es wird mit Stereotypen gespielt – doch der Bruch kommt gewiss. Wer die „Oceans“-Filme mit George Clooney und Brad Pitt mochte, wird sicher auch diesen unterhaltsamen „Tatort“ mögen, der bestens zu seinem Ermittler-Duo passt. [Fabian Nitschmann]
Bildquelle:
- Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com