Der Versuch, einen Schwarzgeld-Skandal aufzudecken, treibt „Polizeiruf 110“-Kommissar von Meuffels an den Rand des Wahnsinns. Doch nicht nur der Ermittler, auch die Spannung kommt in den „Sumpfgebieten“ nur schleppend voran.
Kommissar Hanns von Meuffels fischt im Trüben: In „Sumpfgebiete“ will der „Polizeiruf“-Ermittler einen brisanten Schwarzgeld-Skandal aufdecken. Doch existiert dieses weit verzweigte Geheimnetz aus Bankern, hochrangigen Beamten und Superreichen wirklich oder ist alles nur Einbildung? Eine Frage, die von Meuffels fast in den Wahnsinn treibt, zumal er felsenfest davon überzeugt ist, von mächtigen Gegnern systematisch observiert zu werden. Wem kann er da noch vertrauen? Mit seiner Angst und seinem schlimmen Verdacht ist der Kommissar völlig auf sich selbst gestellt. Grimme-Preisträgerin Hermine Huntgeburth („Männertreu“) hat diesen Krimi mit Matthias Brandt in Siebziger-Jahre-Optik inszeniert – zu sehen an diesem Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten.
Dass es deprimierend wird, zeigt schon das sumpfig-grüne Licht, in das der ganze Film getaucht ist. Vieles bleibt im Dunkeln, Gesichter, Räume und die Wahrheit. Sorgfältig dosierte Schlaglichter setzen ausgewählte Details in Szene. Angesichts des Titels „Sumpfgebiete“ eine schöne Idee, doch am Fernseher wirkt diese permanente Düsternis etwas anstrengend. Außerdem kommt der Krimi nie so richtig in Schwung.
Das liegt nicht an Brandt, der seine Rolle als von Meuffels gewohnt gut und souverän spielt. Wie er sich allmählich in eine panische Besessenheit hineinsteigert, ist sehenswert. Ein Einzelgänger, der den Bezug zur Realität verliert und niemanden hat, der ihm beisteht, auch wenn sein Chef Alexander Beck (Ulrich Noethen) ihn mit Fürsorge umgarnt. Dazwischen taucht immer wieder die geisterhafte Julia Wendt (Judith Engel) auf, die behauptet, eine CD mit den Daten der Steuersünder zu besitzen. Doch weil sie ihren Mann angezündet und getötet hat, halten sie alle für verrückt.
So interessant diese psychologische Studie auch ist, fehlt es doch an Spannung. So manche Szenen ziehen sich in die Länge und vieles ist vorhersehbar. Etwas seltsam ist auch das Ende, das hier natürlich nicht verraten werden soll. Dass sich nicht immer alles am Ende in Wohlgefallen auflöst, mag dem Polizeialltag eher entsprechen, als Krimis, in denen die Ermittler ruckzuck die vertracktesten Fälle lösen. Doch dass von Meuffels am Ende tatsächlich den Fehler macht, dem Falschen zu vertrauen, passt nicht so recht ins Bild des Ermittlers, zeichnete er sich doch bislang eher durch äußerste Akribie und schier unüberwindbares Misstrauen aus.
Allerdings ist die Figur von Meuffels im Drehbuch von Holger Karsten Schmidt, Volker Einrauch nach einer Idee des Produzenten Ulrich Limmer („Nebel im August“) anders als gewohnt. Mit vornehmer Zurückhaltung kommt er nicht weit. Er muss seinen Beobachtungsposten verlassen und wird in seiner Verzweiflung sogar handgreiflich. Sehr ungewöhnlich für diesen stillen Ästheten, was auch daran liegen mag, dass ihm ein ganz besonderer Mensch fehlt: Constanze Hermann (Barbara Auer), Kollegin und Seelenverwandte. Noch in Christian Petzolds „Polizeiruf 110: Wölfe“ im September hatte sich so eine schüchterne Liebesbeziehung angebahnt, nun kommt Hermann gar nicht vor. Niemand, mit dem von Meuffels über Musik, Film und das Leben sinnieren könnte. Stattdessen: leere Einsamkeit. Wer sollte da nicht durchdrehen?
[Cordula Dieckmann/buhl]
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