
Hamburg – Der öffentlich-rechtliche SWR will sein Drittes Programm an der „Bürgerlichen Mitte“ ausrichten und seinen Marktanteil in diesem „Milieu“ um jährlich zehn Prozent steigern.
Um das zu erreichen, sollen sich Nachrichten künftig „stärker an Gesprächs- und Nutzwert orientieren“. Dies berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ unter Berufung auf einen als „streng vertraulich“ eingestuftes Papier der Geschäftsleitung. Die neue Hauptzielgruppe „mag keinen Information-Overload“, sie werde „durch zu hohe Komplexität“ abgeschreckt und bevorzuge stattdessen „Infotainment und unterhaltsame Formen“.
Im Vorabendprogramm sollen künftig „nur wenige, telegene Experten anstelle von Fachidioten“ eingesetzt werden, heißt es in dem SWR-Papier. Mittelfristig seien ein „Regionalboulevard-Format“ und „Coachingformate“ gewünscht, berichtet das Magazin weiter.
Auch die Unterhaltung solle umgebaut werden. Der angestrebte Zuschauer sei „stark an Witz und Humor orientiert, weniger an intellektueller Satire, Kabarett pur oder schrägen Late-Night-Formaten“, wird analysiert. Deshalb sollen „neue, witzige Humor-Formate“ den Weg ins Programm finden: „sketchbasiert, bodenständig und lustig“. Die SWR-Sendung „Richling – Zwerch trifft Fell“ mit dem Kabarettisten Mathias Richling etwa solle „kurzfristig“ überarbeitet werden.
SWR-Intendant Peter Boudgoust, zugleich ARD-Vorsitzender, sagte dem Spiegel, man sei oft zu bieder in der Bildsprache. „Der übliche Intro-Schwenk über den Plenarsaal ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss.“ Auch müssten manche Redakteure lernen, „Fernsehen auch für Nichtredakteure zu machen“.
Medienforscher hatten den SWR-Leuten erklärt, dass die „Bürgerliche Mitte“ nicht mehr nur politikverdrossen sei, sondern politikverachtend. Es sei eine „Herausforderung“, räumt SWR-Chefredakteur Fritz Frey ein, „für diese Gruppe Angebote zu entwickeln.“ Fernsehdirektor Bernhard Nellessen sagt, „Stark sind wir nur bei den Treuesten der Treuen.“[fp]
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