Mehr als 110 Minuten Astrophysik – das kann abschreckend klingen. Gerade als Vorschlag für die Samstagabend-Unterhaltung. Filmemachern ist es aber gelungen, die komplexe Materie über Schwarze Löcher in einer recht spacig anmutenden Dokumentation sehenswert aufzubereiten.
Die Konkurrenz für Pierce Brosnan und Uma Thurman, Joko und Klaas, Max Giermann und Top-Leichtathleten kommt aus dem All. Während Sat.1 am Samstagabend zur besten Sendezeit ab 20.15 Uhr einen „Percy Jackson“-Film zeigt, ProSieben „Die beste Show der Welt“, RTL „Deutschlands cleverste Kids“ sucht und das ZDF die European Championships überträgt, läuft auf Arte die spannende Dokumentation „Geheimnisvolle Schwarze Löcher“. Die Macher beschäftigen sich mit einem der größten Rätsel des Universums.
Schwarze Löcher befinden sich im Zentrum jeder Galaxis. Sie sind unsichtbar und saugen alles auf, was sich ihnen nähert: Staub, Gas, Planeten, Riesensterne. Selbst vor dem Licht machen sie keinen Halt. Zugleich formen sie die Struktur des Universums. Sie verändern das Gefüge aus Raum und Zeit. Schon der Physiker Albert Einstein hat sich mit ihnen befasst – sie waren ihm ein Gräuel. Seither sind Schwarze Löcher immer wieder ein Thema für die Wissenschaft.
Nach und nach konnten Forscher immer mehr Fragen beantworten: Woher Schwarze Löcher kommen, woraus sie bestehen, was in ihnen passiert. 2016 fanden Forscher heraus, dass vor einer Milliarde Jahren mehrere Schwarze Löcher kollidierten und Gravitationswellen auslösten. Das Ligo (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) im US-Bundesstaat Washington misst diese Wellen kosmischen Ursprungs.
Solchen Phänomenen hat Regisseur Rushmore DeNooyer den fast zweistündigen Dokumentarfilm gewidmet. Er spannt darin einen Bogen von den ersten theoretischen Überlegungen über Schwarze Löcher bis zu den Bemühungen, ihre Existenz nachzuweisen.
Zahlreiche Wissenschaftler unter anderen aus Yale und Harvard sowie vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) kommen zu Wort. Moderiert wird das Ganze von der Physik- und Astronomie-Professorin am Barnard College der Columbia University, Janna Levin. Sie erklärt die Grundlagen, Experimente und modernste Beobachtungstechnik verständlich: „Schwarze Löcher leben nicht von Isolation. Sie scheinen eine Partnerschaft mit Galaxien zu haben“, sagt sie beispielsweise. Gleichzeitig merkt man ihr an, wie begeistert sie von den komplexen Themen ist.
Mit tollen Grafikanimationen werden sie in Szene gesetzt: Mal rotieren Galaxien, mal schweben Schwarze Löcher über den Bildschirm. Auch Albert Einstein und Isaac Newton geraten dank fachmännischer Bearbeitung in Bewegung. Mit dramatischer Musik unterlegt erinnern manche Sequenzen eher an einen Spielfilm als an eine Dokumentation.
Da die Materie sehr nah an Science fiction ist, wundert es nicht, dass die Astrophysikerin und Buchautorin Levin in einigen Szenen in einer Art Astronautenanzug in einem computeranimierten Raumfahrzeug durch die Gegend schwebt. An diesen Stellen scheinen die Grafiker den Wunsch gehabt zu haben, ihr Können besonders zu zeigen.
Zuschauer erfahren auf diese Weise unter anderem von Teleskopen, die Unschärfen und Ungenauigkeiten in der Atmosphäre selbst für kleinste Teilchen herausrechnen. Das funktioniert in etwa so, als würde man einem Verzerrungsspiegel genauso ein Exemplar gegenüberstellen, das alle Veränderungen rückgängig macht und somit aufhebt. Und angeblich, so sagt es eine Forscherin, spielt beim Thema Schwarze Löcher auch ein Gefängnis im indischen Kalkutta eine Rolle.
[Marco Krefting]
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