Neue Shows mit Hit-Potential müssen her, die dem Sat.1 Zuschauer und mehr Profil bringen. Dafür wagt der Privatsender im Sommer gleich mehrere Experimente – und die hat er auch nötig. Sat.1 steht unter Zugzwang.
Sat.1 hat im Sommer großes vor: Gleich sechs Shows will der Privatsender während der warmen Tage über den Bildschirm flimmern lassen, darunter drei gänzlich neue Formate. Neben einer sogenannten Impro-Comedy stehen auch zwei Quiz-Shows auf dem Programm. Hinzu kommen neue Versuche mit „Deal or no Deal“ und „Die perfekte Minute“ sowie die nächste Runde „Got to Dance“. Während die Konkurrenz das Sommerloch also wieder wie gewohnt vorwiegend mit Wiederholungen füllen wird, startet Sat.1 eine regelrechte Show-Offensive mit vielen Experimenten. Verkehrte Welt bei Sat.1?
Dass sich Sat.1 ausgerechnet die zuschauerschwachen Monate des Jahren für seine neuen Formate ausgesucht hat, erscheint auf den ersten Blick etwas kurios. Doch im Fall des Unterföhringer ist die Wahl vermutlich gar nicht schlecht, denn Sat.1 steht gerade bei Shows unter Zugzwang. Während sich Konkurrenten wie RTL und ProSieben auf ihre Quoten-Garanten a la „Dschungelcamp“, „Das Supertalent“ oder auch „Schlag den Raab“ verlassen können, steht Sat.1 gänzlich ohne Zugpferd da, dass dem Sender verlässlich Zuschauer und mehr Profil bringt.
Die letzte Staffel „The Biggest Loser“ war ein Reinfall für den Sender, die Kochshow „The Taste“ kam im letzten Herbst auch nicht über das Mittelmaß hinaus, um nur zwei aktuelle Beispiele zu nennen. Mit „Deal or no Deal“ und „Die perfekte Minute“ holt der Privatsender nun auch zwei Formate aus dem Archiv, die sich bereits früher nicht beim Publikum behaupten konnten. Im vergangenen September versuchte der Privatsender zudem, sich mit einer Promi-Ausgabe der berühmten Container-Show „Big Brother“ einen neuen Stempel aufzudrücken, aber auch dieser Versuch misslang. Aufgeben kommt für Sat.1 an dieser Front aber noch nicht in Frage. Trotz alles anderer als herausragender Quoten will sich der Sender 2014 an einer zweiten Staffel versuchen.Ernüchternde Bilanz
Die aktuelle Bilanz im Show-Segmet sieht für Sat.1 also alles andere als rosig aus. Einziger Lichtblick sind wohl hier die Casting-Formate „The Voice of Germany“ und „Got to Dance“, die allerdings beide in Kooperation mit ProSieben ausgestrahlt werden und dadurch eben auch nicht klar mit der Marke Sat.1 identifiziert werden. Dafür müssen eigene Formate her, doch die haben die Unterföhringer nicht – zumindest nicht solche, die Hit-Potential mitbringen.
Der Sommer erscheint daher für Sat.1 als ideale Test-Strecke. Der Privatsender braucht neue Ideen und Konzepte, mit denen sich das Publikum begeistern lässt. In den warmen Monaten ist die Zahl der potentiellen Zuschauer zwar dank Wetter und Urlaubszeit kleiner, doch dadurch lässt sich auch ein möglicher Flopp leichter verkraften. Die Alternative hätte in vielen Fällen vermutlich eh nur Wiederholung geheißen. Sollte der Sender dabei aber tatsächlich einen Treffer landen, könnte das jeweilige Format zeitnah in der neuen TV-Saison fortgesetzt werden – zu einer TV-technisch attraktiveren Jahreszeit.Weniger Einsatz, mehr Promis
Mit diesem Vorgehen spielt Sat.1 freilich mit kleinerem Einsatz, doch angesichts der letzten Fehlschläge ist es vielleicht auch besser, die begehrteren Sendeplätze ab Herbst nicht für Experimente zu opfern. Belohnt wurde Sat.1 für seine Versuche bisher ja nicht.
Daran, dass die neuen Shows qualitativ überzeugen müssen, ändern aber natürlich auch die Ausstrahlung im Sommer nichts. Denn nur wenn sie die Zuschauer für sich gewinnen, haben sie eine Chance auf Fortsetzung. Doch ob die neuen Formate das können, bleibt abzuwarten. Viel hat der Sender auch noch nicht verraten. So verlangt die Impro-Comedy „Jetzt wird’s schräg“ den Kandidaten geistig wie körperlich einiges ab, denn die Bühne hat ein Gefälle von 22,5 Grad. Bei der Quizshow „What Do I Know“ (Arbeitstitel) müssen Promis gegen Studenten antreten und bei „Body Talk“ dreht sich alles um Fragen zum Körper. Auch hier kommen wieder Prominente zum Einsatz, die von 100 Zuschauern unterstützt werden.
Promis stehen also nach wie vor hoch im Kurs bei Sat.1, auch wenn diese wie in so vielen Sendungen vermutlich wieder nur aus der dritten oder vierten Liga kommen werden. Auf die Anziehungskraft bekannter Gesichter setzt der Privatsender auch bei dem neuen Koch-Format „Hell’s Kitchen“, das bereits in der kommenden Woche an den Start geht. Darin versucht Sternekoch Frank Rosin elf eher minderbegabten Promis das Kochen beizubringen.
Sat.1 hat sich viel vorgenommen. Senderchef Nicolas Paalzow sprach von „Show-Innovationen, echten Leuchtturm-Projekten und vielfach nachgefragten Lieblings-Shows“. Ob sich am Ende tatsächlich eins der Formate als Leuchtturm erweist, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen müssen. Der Druck, sich mit herausragenden Sendern eine Identität und damit auch ein Profil für die Zuschauer zu geben, wird für Sat.1 auf jeden Fall nicht kleiner werden. [fm]
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