„Sofa-Richter“ entscheiden: neue Rechtsreihe im Fernsehen

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Gesunder Menschenverstand trifft geballte juristische Kompetenz: Im SWR-Fernsehen streiten „Sofa Richter“ über alltägliche Rechtsfälle. Was sehen sie als Justizirrtum? Wo sind unsere Gesetze noch zu lasch?

T-Shirt statt Robe, frei Schnauze statt Juristendeutsch, bequemes Sofa statt harte Richterbank – der Südwestrundfunk (SWR) geht in der Justizstadt Karlsruhe mit einer neuen Rechtsreihe auf Sendung. Von diesem Dienstag (21 Uhr) an entscheiden erstmals die „Sofa-Richter“ teils knifflige, teils skurrile, aber immer echte Rechtsfälle. Die „Urteile“ fällen etwa ein Model aus Mannheim, ein Feinmechaniker aus Ludwigshafen, ein Privatdetektiv aus Stuttgart oder angehende Priester aus Trier. Nach 500 000 Zuschauern bei der Pilotsendung vor einem Jahr sind jetzt und im Winter insgesamt zwölf Folgen in zwei Staffeln geplant.
 
„Gesunder Menschenverstand und juristischer Fachverstand liegen oft gar nicht so weit auseinander, wie man vielleicht denkt“, sagt ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam (41), der die Argumente von den Sofas aufgreift, die Fälle einordnet und stets einen verständlichen Weg durch den für Laien gerne mal undurchdringlichen Paragrafen-Dschungel sucht. „Es ist nicht so, dass unsere Sofa-Richter ständig die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und denken: Oh Gott, was haben wir für Gesetze, und was machen die richtigen Gerichte daraus“, berichtet der Journalist.

Bräutigam ist überzeugt, dass das Thema Recht nicht so trocken ist, wie viele glaubten. Schließlich spiele es mitten im Leben: „Hinter jedem Urteil und Paragrafen stehen ja Menschen und ihre Konflikte.“ Da werde einem 85-Jährigen nach einem schweren Unfall der Führerschein entzogen, und am Ende haben alle Mitleid mit ihm. Da geht es um so banale Fragen wie „Was darf ich im Supermarkt?“, aber auch um heikle Konflikte rund um Erbschleicherei.
 
Ein Fall zur Sterbehilfe habe ihn „emotional an meine Grenzen gebracht“, gesteht Sofa-Richter Jürgen Pötzsch (57), ein Bär von einem Mann, seit 15 Jahren Privatdetektiv und eigentlich mit allen Wassern gewaschen. „Wir haben gemerkt, wie schwer es sein kann, objektiv zu bleiben“, sagt Pötzsch, der die Fälle auf dem Sofa mit seiner Frau durchdiskutiert, bevor er urteilt. Sein Fazit: 
„Ich bewundere jeden Richter: Er muss immer nach den Gesetz entscheiden, auch wenn er vielleicht privat mal anders denkt.“ 
 
„Obwohl man keine Paragrafen kennt, hat doch jeder ein Gefühl dafür, was darf ich, was ist gerecht und was nicht“, sagt Bräutigam. Wie viel Gepäck darf man mit in den Bus nehmen? Ist es Sachbeschädigung, wenn man rechtsextreme Parolen übersprüht? Müssen Kinder ihren Eltern den Heimplatz zahlen, auch wenn die einen fast zu Tode geprügelt haben? Eine Runde von Priesteramtskandidaten aus Trier habe bei letzterem mit den zehn Geboten argumentiert, erzählt Bräutigam. Da stehe, Du sollst Vater und Mutter ehren – ohne Ausnahme.
 
Wo droht ein Justizirrtum? Welche Gesetze sind womöglich zu lasch? Mit der Schauspielerin Ursula Cantieni (69) und dem Moderator Pierre M. Krause (40) schlüpfen auch zwei SWR-Promis in die Richter-Rolle. „Je länger man sich damit beschäftigt, desto überraschter ist man, wofür es bei uns alles Gesetze gibt – und was eher über Hausrecht geregelt ist“, sagt die aus den „Fallers“ bekannte Cantieni. Höchst amüsant seien viele Fälle, einiges gehe aber auch unter die Haut. „Und es gab Entscheidungen, da habe ich etwas geköchelt hinterher.“[Roland Böhm]

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