Der neue Filmchef des Schweizer Fernsehens, Urs Fitze, will bei den Eidgenossen ein Problem mit den quotenträchtigen „Tatort“-Krimis ausgemacht haben. Geraten die Fälle zu anspruchsvoll, wandern die Zuschauer zum ZDF ab und goutieren seichte Kost vom Kaliber einer Rosamunde Pilcher.
In einem am Dienstag veröffentlichten Gespräch mit dem „Tages-Anzeiger“ erklärte der studierte Filmwissenschaftler, der seit dem 1. November die Nachfolge von Peter Studhalter als Bereichsleiter Fiktion beim SRF angetreten hat, ihn mache nervös, „dass ein Dritter der Schweizer Zuschauer den ‚Tatort‘ immer noch auf ARD schaut“. Dabei habe man eigens die Werbepause abgeschafft und strahle in HD aus. Außerdem beginne die Folge früher als in Deutschland.
„Man weiß fünf Minuten früher, wer der Mörder ist“, pries Fitze die Vorzüge der Schweizer Ausstrahlung an, um danach fatalistisch zu resümieren: „Aber was soll man machen – Fernsehen ist ein Gewohnheitsmedium“. Dass beim „Tatort“ zuweilen gesellschaftspolitische Themen im Krimigewand verpackt zur Sprache kommen, sieht der SF-Filmchef dabei als nicht unproblematisch an: „Bei allzu anspruchsvollen Folgen verlassen uns die Zuschauer Richtung ZDF, wo Rosamunde Pilcher läuft“, verriet er dem Blatt.
Seine eigenen Duftmarken beim Schweizer Fernsehen will Fitze durch den verstärkten Kontakt zur einheimischen Filmbranche und zum kreativen Nachwuchs setzen. Wichtig sei ihm außerdem, „weniger nach Deutschland zu schielen“ und auf gesellschaftlich relevante Stoffe zu setzen. Dabei wolle er den Spagat zwischen leichter und schwerer Kost wagen und anspruchsvolle Themen auf unterhaltsame Art behandeln.
Als Beispiel nannte der SF-Manager dem „Tages-Anzeiger“ den TV-Film „Nebelgrind“, eine Familiengeschichte zum Thema Alzheimer, bei der der ernste Inhalt „leicht und unterhaltend“ daherkomme oder die Komödie „Liebe und weitere Unfälle“, bei der sich die Bewohner eines Bauernhofs gegen die Zwangsversteigerung wehren. Vorwürfe, das sei „harmlos“, wll Fitze nicht gelten lassen. Der Sonntagabend sei hart umkämpft, die Quote relevant. Man wolle „das klassische Familienpublikum, vom Enkel bis zur Grossmutter“ ansprechen.
Für riskante Projekte fehlt laut dem Filmchef das Geld. „Ich bin intern allerdings tatsächlich daran, Programmplätze zu schaffen, damit Schweizer Filme nicht nur am Sonntagabend platziert werden können“, stellte er Abhilfe in Anspruch. Produktionen wie das Oscar-gekrönte Drama „A Separation“ brauche man zwar im Programm, „aber nicht am Sonntagabend“.
Im ersten Schritt soll eine eigenproduzierte Serie mit dem Titel „Der Bestatter“ dem Programm mehr Profil verleihen. Die sei „sehr unamerikanisch und kein gewöhnlicher Krimi“. Mit dem kauzig-schrägen Ermittler wolle man das klassische SF1-Krimipublikum ansprechen, sich aber durch einen unkonventionellen Stil von der grauen Masse der Produktionen abheben. [ar]
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