Ist das wirklich echt, oder spielen die das nur? Bei RTL2 lässt sich diese Frage mittlerweile kaum noch beantworten. Selbstdarsteller spielen sich selbst in Soaps, swingen zwischen verschiedenen Serien hin und her und verkehren mit Fans auf Facebook – als wäre alles real.
Man hat es oft genug gehört: In der schönen neuen Medienwelt von morgen soll sich alles mit allem vermischen. Einen Vorgeschmack darauf bietet eine neue Vorabendserie auf RTL2, „Köln 50667“. Deren Protagonisten sind Laiendarsteller, die ohne vorgefertigten Text spielen und mit ihrem zweiten Ich an ihr wirkliches Leben anknüpfen sollen. Auf Facebook stehen sie in ständigem Austausch mit den Zuschauern und sprechen mit ihnen, als wäre das Geschehen auf dem Bildschirm real. Obendrein pendeln sie zwischen „Köln 50667“ und der anderen Daily Soap, „Berlin – Tag & Nacht“, hin und her.
„Crossover“ nennt man das im Geschäft. So sollen möglichst viele Zuschauer mitgezogen werden, denn „Berlin – Tag & Nacht“ ist bereits ein erfolgreiches Format mit durchschnittlich 1,4 Millionen Zuschauern. Ab 7. Januar wird der Ableger „Köln 50667“ den Sendeplatz davor um 18.00 Uhr belegen. Eine der beliebtesten Figuren aus der Berlin-Serie, Meike, hat aus diesem Grund bereits angekündigt, dass sie in Kürze nach Köln ziehen wird. Wobei sie ihren Fans natürlich ein ganz anderes Motiv nennt: Sie will ein neues Leben mit einem gewissen Alex beginnen.
Ist das nun „Scripted Reality“? Der RTL2-Programmdirektor Holger Andersen benutzt ein anderes Schlagwort: „Realtainment“. Für ihn haben die beiden Serien viel mit „Big Brother“ zu tun. Das Problem bei diesem Format war für ihn, dass zwischen den Insassen des Containerhauses oft nicht genug lief. Dadurch wurde es langweilig. In einer Serie wie „Berlin – Tag & Nacht“ kann man dem abhelfen. Gleichzeitig sollen die handelnden Personen aber authentischer wirken als Schauspieler – sie sollen vom Typ her sich selbst spielen.
Um die Serien im Tagesablauf junger Menschen fest zu verankern, setzten die Macher voll auf Social Media. Bei Facebook kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die meisten Fans die Gestalten als real existierende Protagonisten wahrnehmen. „Ich freue mich auf meine Zeit in Köln und darauf, euch an meinem Leben teilhaben zu lassen“, schreibt Meike und postet dazu ein Bild mit ihrer Oma: „Ach, was geht es uns gut. Ab jetzt keine schlechte Laune mehr.“ Darauf erhält sie die Reaktion: „“Mich freut, dass Meike wieder lachen kann und hoffe, sie hat ne gute Zeit in Köln.“
„50667“ – gesprochen: fünfzig-sechs-sechs-sieben – ist übrigens die Postleitzahl der Kölner Innenstadt. Dort steht eingequetscht zwischen Dom und Hauptbahnhof eine – wiederum real existierende – „Kunstbar“, in der sich die Serie hauptsächlich abspielt. Für Köln entschieden sich die Macher wohl vor allem deshalb, weil dort die Produktionsfirma sitzt. Die Nähe zur Lanxess-Arena will man nutzen, um Popstars, die dort sowieso auftreten, mit in die Serie einzubeziehen – wieder so ein Mix. Wo das echte Leben anfängt und aufhört, das soll niemand mehr richtig rauskriegen können. [Christoph Driessen/hjv]
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