Wie weit kann Frauenhass gehen? Und wie weit die Brutalität im Netz? Der neue Münchner „Tatort“ befasst sich mit einem bestialischen Foltermord – und lässt doch Zeit für einen besonderen Moment für Kalli.
Die Bilder, die das Münchner „Tatort„-Team sich in der neuen Episode des Kultkrimis ansehen muss, sind nichts für schwache Nerven. Eine wehrlose Frau wird von einem maskierten Mann gefesselt und brutal gefoltert. Die fürchterlichen Videos werden online tausendfach angeklickt, geliket, gefeiert. „Ich hab mir super einen drauf abgewedelt – LOL“ – dieser Kommentar entsetzt die hart gesottenen Ermittler besonders.
Denn als seien die Bilder nicht schon schlimm genug: die Kommissare Leitmayr (Udo Wachtveitl), Batic (Miroslav Nemec) und Kalli (Ferndinand Hofer) wissen, welches furchtbare Schicksal der Frau nach ihrer Folter noch bevorstand – der Torso ihrer verstümmelten Leiche ist in einem Koffer in der Münchner Kanalisation gefunden worden.
München-Tatort „Schau mich an“ am Sonntagabend
Bei ihren Ermittlungen stoßen die Münchner auf einen Fall aus Wien – per Zoom-Call erläutert vom österreichischen „Tatort“-Kollegen Harald Krassnitzer in seiner Rolle des Wiener Kommissars Moritz Eisner. Vielleicht will er damit schon mal Servus sagen zu seinen bayerischen Kollegen, die ihren Abschied nach mehr als drei Jahrzehnten angekündigt und jetzt nur noch eine Handvoll Episoden vor sich haben. 100 Folgen sollen es insgesamt werden. „Schau mich an“ heute um 20.15 Uhr im Ersten ist die Folge 95.
Im Wiener Fall trieb ein sadistischer Tierquäler sein Unwesen, postete Videos, in denen er niedliche Hundewelpen in einer Plastiktüte erstickte oder einer Schlange zum Fraß vorwarf – zum erstaunlichen Entsetzen der Netzgemeinde, die Folter an Frauen mit „LOL“ kommentiert. Tiere quälen dagegen? Geht gar nicht!
„Das nimmt ihnen die Community wirklich übel“, sagt die engagierte und desillusionierte Lisa Berger (Aenne Schwarz), die sich an die Fersen des Tierquälers geheftet hat, um ihn ausfindig zu machen und auf deren Expertise die Münchner Ermittler – allen voran Kalli – nun bauen.
„Schau mich an“ nimmt überraschend Fahrt auf
Der zunächst sehr klischeehaft erzählte Krimi gewinnt im Laufe des Filmes zunehmend an Fahrt, mit unverhofften Wendungen und einer Auflösung, die man so nicht unbedingt hat kommen sehen.
Ganz nebenbei geht es dabei auch um das Verhältnis von Kalli zu seinen beiden vorgesetzten «Alphatieren», die ihn – allen voran Leitmayr – auch nach einem Jahrzehnt der Zusammenarbeit gerne noch so behandeln wie einen kleinen Praktikanten. Und das, obwohl er doch unlängst befördert wurde.
Am Ende des Films, in dem Kalli um sein Leben kämpfen muss, merken auch die beiden alternden Ermittler, dass sich so langsam eine Zeitenwende andeutet, und es kommt zu einem Moment, auf den der Zuschauer nach so langer Zeit kaum mehr zu hoffen gewagt hat: Leitmayr und Batic bieten Kalli, den sie von Anfang an geduzt haben, das wechselseitige Du an. Ein Meilenstein auf den letzten Metern.
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