RTL Dschungelshow startet als einziges Ärgernis

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Aufgrund der Pandemie kann das deutsche Dschungelcamp dieses Jahr nicht in Australien stattfinden, weshalb RTL kurzerhand eine abgespeckte Dschungelshow aus dem Boden stampft. Der eher nostalgische Auftakt am Freitagabend hat zeigt, dass das keine gute Idee war.

Vielleicht galt das Dschungelcamp als das letzte Lagerfeuer-Format im deutschen Fernsehen. Im doppelten Sinne! Ein groß aufgebauter Abenteuerspielplatz im Urwald mit knisternder Feuerstelle, raue Natur, Mutproben, Ekelprüfungen, Zoff, Liebeleien, die Abgründe des Showbiz. Kurz: Ein Menschenexperiment, das über Generationen hinweg für Gesprächsstoff sorgt. Früher als Schmuddelkram verschrien, kurze Zeit darauf zum Kult erklärt, Grimme-Preis-Nominierung inklusive. Vom alten Glanz ist heute wenig übrig. Der letzte Höhepunkt liegt Jahre zurück, genauer gesagt in der 2014er Staffel, auf die auch im Auftakt der großen RTL Dschungelshow wehmütig zurückgeblickt wird.

Damals bannte die Show vor allem mit Model Larissa Marolt, die die Kunst der Selbstinszenierung so perfekt beherrschte, dass ihre Wandlung von der Hassfigur des deutschen Fernsehens hin zum Liebling der TV-Nation in zwei Wochen heute noch erstaunt. Die es mit ihrer (gespielten?) Tollpatschigkeit verstand, sogar einen alternden Schauspielstar wie Winfried Glatzeder vor laufenden Kameras zu selbstentlarvenden Tobsuchtanfällen zu verleiten.

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Wie das Showgeschäft (nicht) funktioniert

Momente, die den Kern eines Formats bestens widerspiegeln, das nicht nur eine Art Klassenkampf zwischen Gescheiterten, Aufsteigenden und Perspektivlosen als Gladiatoren-Arena zeigt, sondern auch die Branche selbst in ihren mitunter grässlichen Mechanismen als Kampf zwischen verschiedenen Medienformen entlarvt. „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ zeigt seit jeher Menschen, die niemand (mehr) kennt und größtenteils auch danach nicht kennen wird. Die alles dafür tun würden, um in jenes Rampenlicht zu kommen, das Ruhm, Karriere, ein sorgenfreies Leben und natürlich eine saftige Vergütung verspricht.

Und andererseits die wenigen verglühenden Sterne, die alles dafür tun, sich diese Position nicht streitig machen zu lassen und ohne Rücksicht nach unten treten, um sich dem Zuschauer noch einmal auf den letzten Metern der zerstörten Karriere an den Hals zu werfen. Alle in gleicher Kostümierung, alle den gleichen ärmlichen Lebensverhältnissen ausgesetzt, aber alle mit den gleich großen Egos. Zu sehen, wie sich die einzelnen Teilnehmer gegenüber diesem Szenario verhalten, war das Spannende. Leide für die Nation, die es dir eines Tages in Form von Sendezeit vielleicht danken wird!

RTL lernt nicht dazu

Am Ende gewinnt der- oder diejenige, die das Spiel aus vermeintlicher Authentizität, Charakterstärke, Identifikationspotential und Unterhaltungswert für sich und die Gunst des Publikums optimieren kann. Das ist hinfällig, seit RTL immer stärker die Charakterköpfe ausgehen, weil diese erkannt haben, dass man mit ein paar tausend Followern auf Instagram auch direkt zu „Sommerhaus“ oder „Promis unter Palmen“ gehen kann, wo man auf Kakerlaken und nasse Schlafsäcke verzichten und ähnlichen Gewinn für sich erzielen kann. Güllebäder als gleichermaßen Bestandsprobe und Showbiz-Allegorie, das muss man sich mit der passenden Reichweite 2021 nicht mehr antun! RTL hat das immer noch nicht begriffen.

In der neuen Dschungelshow ist das noch eine Spur schäbiger. War es in den früheren Staffeln noch eine perfide Attraktion, all diesen unbeholfenen Prominenten dabei zuzusehen, wie der Großteil von ihnen an der Meta-Ebene des Dschungels scheitert, ist es jetzt nur noch eine Qual! Kandidaten werden von einer Trash-Show zur nächsten geschleust. Möglichst hohes Nervpotential, möglichst asoziales Verhalten, Casting nach Schablonen-Rollen.

Inzwischen geht es nicht mehr darum, Unbekannte diesem Spiel und den Blicken des Publikums auszusetzen. Nein, inzwischen geht es darum, noch Unbekanntere erst einmal durch quälende zwei Wochen Bootcamp zu schicken, an dessen Ende sich eine Person als würdig erweisen soll, überhaupt an diesem Star-Casting im Folgejahr teilnehmen zu dürfen. Als nächstes dann bitte eine Show über die RTL-Redakteure, die die Online-Bewerbungen der Dschungel-Anwärter in Empfang nehmen!

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Langweiliger Auftakt

In Folge 1 der Dschungelshow gibt es vor allem jede Menge Füll-Moderationen von Sonja Zietlow und Daniel Hartwich, deren geskriptete Zynismus-Tiraden bei diesem krampfigen Format mit ihrem Latein selbst am Ende sind. Doktor Bob hat man aus Australien eingeflogen, Thorsten Legat inzwischen mit viel „Kasalla“ und Testosteron-Überschuss zum Running-Gag erhoben. Und das, obwohl sich der Ex-Fußballer in seiner Dschungel-Staffel damals keinesfalls mit Ruhm bekleckert hat, jetzt quasi auf der anderen Seite der Show Platz nehmen zu dürfen, die über die neuen Kandidaten richten und spotten darf.

Kein Dschungel, nur Plastikgewächse in einem Hürther TV-Studio. Dazu ein Tiny House, eine Mini-Behausung, in der man quasi mitten ins Wohnzimmer defäkieren muss. Sägespäne nach jedem Toilettengang nicht vergessen! Hier ziehen die ersten drei „Stars“ ein: Frank Fussbroich, Mike Heiter und Zoe Salome Saip. Fussbroich: Nach eigenen Aussagen Deutschlands erster Realitystar, bekannt aus „Die Fussbroichs“ aus den 70ern. Danach sei nix mehr gekommen, außer Schulden.

Inzwischen ist der durchaus interessante Subtext des Dschungelcamps so zum eigentlichen Text geworden, dass sich die Kandidatinnen und Kandidaten damit vorstellen, dass sie sich jedes Jahr für die Show beworben haben. Djamila Rowe (Wer?) will den Dschungel etwa „unbedingt im Lebenslauf haben“. Dschungel-Kandidat ist zu einer eigenen Berufsausbildung geworden, die dann vielleicht noch in der Gesellenprüfung „Let’s Dance“ gipfelt.

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Drei uninteressante Kandidaten

Aber zurück zum Einzug und den ersten Bewohnern der großen Dschungelshow! Mike Heiter, der tapsige Ex-Freund von „Sommerhaus“-Krawallbürste Elena Miras darf die ersten Sterne der Show einheimsen. Und zuletzt Ex-„Topmodel“-Teilnehmerin Zoe Salome Saip, die das Dschungelcamp angeblich noch nie gesehen hat und von ihrem neuen Mitbewohner Fussbroich direkt an die Hausarbeit verbannt wird. So macht man sich auf Twitter Feinde!

Zwischenfazit: Drei Kandidaten, die schon einmal so uninteressant sind, dass RTL ihnen in dieser ersten zweistündigen Folge kaum Sendezeit gibt. Eine Show, deren Dasein und Regeln man noch nicht so wirklich begriffen hat, aber die sich als einziger großer Teaser für das versteht, was da in den kommenden 14 (!) Sendungen noch alles passieren könnte, wenn nach und nach die anderen neun Kandidatinnen und Kandidaten einziehen. Hilft nur ein Stoßgebet gen Himmel, dass mit ihnen auch die Unterhaltung in diese überflüssige Show einzieht. Wer weiß, vielleicht spart sich RTL die Highlights ja für den Schluss auf.

Aber Apropos Gebet! Gebetet wurde lauthals in diesem Auftakt. Nicht etwa zu dem tätowierten Jesus Christus auf der Brust von Mike Heiter. „Lieber Herrgott, steh mir bei“, ächzt Model Zoe, wenn sie sich in der Dschungelprüfung in den Wassercontainer schwingt, bevor sie aus Leibeskräften kreischt, dass man alle Tiere vor ihr in Sicherheit bringen möchte. Diesem Hilferuf ist nichts hinzuzufügen.

„Ich bin ein Star – Die große Dschungelshow“ läuft täglich 22.15 Uhr live bei RTL. Die Folgen stehen anschließend bei TV Now als Stream bereit.

Bildquelle:

  • dschungelshow: TVNOW/ Stefan Gregorowius
37 Kommentare im Forum
  1. Hallo Herr Redakteur: das Studio steht in Hürth und nicht in Fürth! Ich war enttäuscht, dass in der ersten Folge nur 3 Kandidaten vorkommen. Normalerweise sieht man in der Eröffnungsshow ja alle Kandidaten
  2. Ersatz-«Dschungelshow» mit Reichweitensieg in der Zielgruppe für RTL war es dann wohl ein Erfolg, ich hab im übrigen Dmax geschaut, bevor einer denkt ich schau den käse hier
  3. Schöner Artikel des DF Redakteurs. Stimme voll zu. Es war einfach gähnlangweilig, bin sogar eingeschlafen. War für mich ein einmaliges "Erlebnis". Warte dann auf das richtige Dschungelcamp.
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