Leise, integer, sachlich, ausgleichend. Die Eigenschaften des alten und neuen SWR-Intendanten Peter Boudgoust sind für die zweitgrößte ARD-Anstalt ein wichtiges Kapital in unruhigen Zeiten.
Der Chef von rund 3 600 Mitarbeitern muss in diesem Jahr erstmals einen Etat umsetzen, der weniger Ausgaben als im Vorjahr vorsieht. 1,14 Milliarden Euro bedeuten 14 Millionen Euro weniger als 2010. Interne Konflikte sind da fast Programm.
Der 56-jährige Jurist ist ein guter Zuhörer, der seine eigenen Standpunkte eloquent vertritt und mit einer Prise Selbstironie zu würzen weiß. Bei seiner ersten Wahl 2007 hatte er noch zwei Gegenkandidaten. Eine gewisse anfängliche Skepsis zur Gestaltungskraft ist verflogen. Vier Jahre an der Spitze des SWR, zwei Jahre davon zusätzlich als ARD-Vorsitzender, haben Boudgoust fest etabliert – auch als Kraft, die verändern will.
„Öffentlich-Rechtliche können auch hip und bunt daherkommen“, wirbt er seit langem vehement für Sendungen und Formate, die auch Jugendliche wieder auf den ARD-Knopf drücken lassen. Ein Jugendkanal, der die Lücke zwischen den Angeboten für Kinder und denen für Erwachsene schließen soll, schwebt ihm vor. Aber er ist – so seine Selbstbeschreibung – „Idealist und Realist“. Mangels Geld muss sich zumindest momentan der Realist in ihm durchsetzen.
Flotter könnte sich Boudgoust auch manche Informationssendungen vorstellen. „Infotainment“ ist für ihn kein Schimpfwort. „Wir sind Dienstleister der Wissensgesellschaft, und unsere Dienstleistung besteht darin, dass wir komplizierte Dinge verständlich machen.“ Ein öffentlich-rechtliches Nischen-TV ist nicht seine Sache. „Ich sehe meine Aufgabe vor allem darin, strategische Weichen zu stellen. Der SWR und der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt muss für alle Nutzer unverzichtbar bleiben“, unterstreicht der Intendant.
Der oberste Repräsentant des SWR weiß um die Bedeutung der Position, fremd ist ihm eine persönliche Wichtigkeits-Attitüde. Boudgoust verkörpert durch seinen Lebenslauf die Verwurzelung im Sendegebiet in Baden-Württemberg. Geboren in Mannheim, Jura-Studium in Heidelberg und Mannheim, Sozialdezernent im Main-Tauber-Kreis, Pressesprecher im Regierungspräsidium Stuttgart, 1986 bis 1994 im Staatsministerium der damals zunächst schwarzen, dann schwarz-roten Landesregierung.
Die Senderkarriere begann 1995 als Justiziar und Finanzdirektor des Süddeutschen Rundfunks, der auch mit seiner tatkräftigen Hilfe 1998 erfolgreich mit dem Südwestfunk zum SWR fusionierte.
Der Vater eines erwachsenen Sohnes hört in seiner Freizeit gerne klassische Musik. Aber auch hier schlägt ein zweites Herz in seiner Brust: Hin und wieder werden auch die Rolling Stones aufgelegt.PORTRAITs im Überblick
[Matthias Röder]
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