Jim Knopf und seinen Freund Lukas den Lokomotivführer kennt fast jedes Kind. Über Generationen haben sie seine Abenteuer in der Augsburger Puppenkiste verfolgt. Jetzt wird die kleine Marionette 50 Jahre alt.
Ein Paket kommt auf der kleinen Insel Lummerland an. Darin finden die Bewohner einen schwarzen Jungen mit Locken und einem roten Wollpullover: Jim Knopf. Seine Abenteuer mit Lukas dem Lokomotivführer wurden vor allem durch die Verfilmung in der Augsburger Puppenkiste weltberühmt. An diesem Samstag feiert das Puppentheater den 50. Geburtstag der kleinen Holz-Marionette.
Puppenkisten-Leiter Klaus Marschall hat die Geschichte des mutigen Jungen sozusagen hautnah miterlebt. „Wir sind der gleiche Jahrgang“, erzählt der 50-Jährige. Seine Mutter Hannelore, Tochter des Puppenkisten-Gründers Walter Oehmichen, schnitzte die Figuren für das weltbekannte Theater. „Jim Knopf ist entstanden, als sie mit mir schwanger war“, erzählt Marschall. Später habe sein Laufstall in der Werkstatt der Mutter gestanden.
Allerdings machte Hannelore Marschall den kleinen schwarzen Jungen nicht wie andere Marionetten aus weichem Lindenholz, sondern verwendete vorgedrechselte Holzkugeln. „Nur den Mund und die Augen hat sie geschnitzt“, sagt ihr Sohn heute. Ohren und Nase von Jim Knopf wurden angesetzt. Auf diese Weise habe sie den Illustrationen in der Buchvorlage von Michael Ende möglichst nahe kommen wollen, erklärt er.Rechtsstreit zwischen Puppenspielern und TV-Sender bremst Nachschub
Auch an die Dreharbeiten des Hessischen Rundfunks (HR) in der Augsburger Puppenkiste erinnert sich Marschall noch gut – sie verwandelten das Foyer in den Sommermonaten in ein Filmset. Bei den ersten Jim-Knopf-Folgen 1961/62 war er noch zu klein, um richtig mithelfen zu können. 15 Jahre später bewegte er bei weiteren vier Folgen unter anderem das berühmte Plastikfolien-Wasser. „Das war hoch kompliziert. Es saßen an jeder Ecke drei Mitarbeiter“, erzählt der Puppenkistenleiter. Über die Kulisse waren ein blaues Tuch und die Folie gespannt, zwischen den Bahnen die Marionetten aufgehängt. „Wir hatten bis zu drei Bahnen hintereinander, das war Millimeterarbeit.“
Nach den monatelangen Aufnahmearbeiten im Foyer der Augsburger Puppenkiste feierte die erste 30-minütige Folge von „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ am 15. Oktober 1961 TV-Premiere. „Damals hatte Fernsehen noch Eventcharakter“, sagt Marschall. Kinder scharten sich am Sonntagnachmittag um die Fernsehgeräte und guckten sich die Abenteuer von Jim und Lukas in schwarz-weiß an. Erst beim zweiten Durchlauf in den 70er Jahren erschienen die kleine Insel mit zwei Bergen, König Alfons dem Viertelvorzwölften und Frau Waas in Farbe.
Die Zeiten, als Puppenkisten-Macher und HR in Eintracht Filme produzierten, sind allerdings vorbei. Nach 40 Jahren gemeinsamer Arbeit entbrannte zuletzt ein Rechtsstreit um die DVD-Lizenzen für die Geschichten von Jim Knopf, Urmel aus dem Eis oder auch Schlupp vom grünen Stern. Die Augsburger verklagten hr-media auf eine Nachzahlung von mehr als 60 000 Euro Lizenzgebühren. Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage im April jedoch als unbegründet ab – Marschall legte nun vor dem Oberlandesgericht Berufung ein.Jim Knopf auf Weltreise: Beliebtes Ausstellungsstück
Jim Knopf und seine Freunde erfreuen sich trotz dieses Streits weiterhin großer Beliebtheit. Die Gründe dafür liegen laut Marschall neben der guten Geschichte von Michael Ende vor allem in der Einfachheit von Figuren und Kulisse. „Wir regen die Fantasie des Zuschauers an“, sagt der 50-Jährige. So werde das Plastikmeer vor dem inneren Auge automatisch zu Wasser. „Für Kinder ist das alles selbstverständlich erklärt“.
In diese „unwiderlegbare Kinderlogik“ passe auch, dass die Freunde in einer Episode von „Jim Knopf und die Wilde 13“ die Hautfarbe wechseln. „Dazu brauchten wir Lukas und Jim in zweifacher Ausführung“, sagt Marschall. Heute gebe es sie deswegen zwei Mal im Original. Ein Marionetten-Duo hängt im Museum des Puppentheaters, eines tourt in Sonderausstellungen um die Welt.
DIGITAL FERNSEHEN portraitiert an dieser Stelle regelmäßig interessante Persönlichkeiten aus der Medien- und Technikbranche.PORTRAITs im Überblick
[Katia Rathsfeld]
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