Anlässlich aktueller Medienberichte und damit einhergehender heftiger Kritik an der Polizei läuft am Sonntag ein „Polizeiruf“, der sich mit dem Thema Polizeigewalt auseinandersetzt. Regisseur Jan Bonny versucht verschiedene Aspekte zu beleuchten und erklärt, warum er München so mag.
Ja, auch in München gibt es dunkle Ecken. Große Straßen. Und Rotlicht-Kneipen. Abseits von der weiß-blauen Gemütlichkeit hat der Kölner Regisseur einen „Polizeiruf“ gedreht, in dem Matthias Brandt als Ermittler einen Gewaltexzess von Polizisten aufklären will.
München einmal ganz anders: Der Regisseur Jan Bonny wirft in seinem „Polizeiruf 110“-Krimi „Der Tod macht Engel aus uns allen“ einen Blick auf die weniger glanzvollen Seiten der Stadt. Der Kölner liebt beides – die weiß-blaue, gemütliche Idylle am Viktualienmarkt ebenso wie das schäbigere, großstädtische München, das allerdings nicht so offenkundig ist. Bonny reizen diese Kontraste. „Das macht die Stadt sehr interessant und filmisch inszenierbar“, sagte er im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Deshalb sind die anonymen Ecken und dunkleren Straßen auch eines der wichtigsten Elemente seines München-Krimis.
Der „Polizeiruf“ zeigt München nicht von der idyllischen Postkartenseite. Stattdessen gibt es Rotlicht-Kneipen, Neonlichter und große Straßen zu sehen. Wer hat diese Ecken rausgesucht?
Jan Bonny: Ich, klar. Aber natürlich auch wir alle zusammen. Ich finde München wirklich ganz toll. Es gibt dieses offizielle Münchenbild, aber dahinter ist ein abwechslungsreicheres, kosmopolitisches München. Nicht dieser prominente Viktualienmarktcharme. Der ist auch schön, aber es gibt noch so viele andere Facetten Münchens, es gibt so viel Reibung und Kontraste. Das macht die Stadt sehr interessant und filmisch inszenierbar. Hier gibt es auch viel Neonlicht. München ist eine Neonstadt.
Im Film geht es um Gewalt von Polizisten, das war vor einiger Zeit auch im Raum München ein großes Thema. Waren diese Schlagzeilen ein Grund, das aufzugreifen?
Bonny: Was mir ganz wichtig ist: Wir sind natürlich in einem Genre, in dem speziellen Sonntagabend-TV-Genre. Es ist eine Polizeiwelt, in der die Handlung spielt. Aber es ist kein Film grundsätzlich über Polizisten und ihre Arbeitswelt. Ich sage darin ja nicht, dass die Polizei generell schlecht ist. Es geht um genau diese Menschen und genau diese Figuren. Ich mache keine thematisch orientierten Filme. Ich habe auch vordergründig keine Botschaft. Das kann man sich ansehen, man soll den Figuren folgen und muss dann seine eigenen individuellen Schlüsse aus dem Erfahrenen ziehen.
Eine wirkliche Lösung der Geschichte gibt es nicht. Was war der Grund, diesmal vom üblichen Muster abzuweichen und am Ende alles offen zu lassen, statt alles restlos aufzuklären?
Bonny: Die Tat ist ein Verbrechen. Aber sie ist auch nicht einfach erklärbar. Man muss sich selbst als Zuschauer immer verhalten und positionieren zu dem, was man sieht. Man kann diesen Film nicht einfach so konsumieren. Wie hätte ich es selber gemacht, wie hätte ich mich verhalten: Das ist hier am Ende die offene Frage.
Kriminalhauptkommissar Hanns von Meuffels steht dadurch am Ende natürlich nicht als der Ermittler da, der den Fall zur Befriedigung aller gelöst hat.
Bonny: Ich finde, er macht so die Tragik seiner Entscheidung menschlich nachvollziehbarer und komplexer. Das muss man auch erzählen können. Man muss nicht immer sagen, es klappt alles, am Ende wird alles ohne Einschränkung gut. Der Zuschauer muss sich selbst am Ende fragen: Ist das nun gut oder schlecht? Das ist nicht einfach zu beantworten. Das Leben ist selten eindeutig. Man lebt das eigene Leben auch mit einer Vielzahl von Widersprüchen.
Vielen Dank für das Gespräch.[Cordula Dieckmann/das]
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