Warum sollte man einen 58 Jahre alten deutschen Western einschalten? Weil zwei seiner drei Helden 2022 schwer im Gespräch waren.
Man kann gewiss nicht von vielen Unterhaltungsfilmen aus den 1960er Jahren behaupten, dass sie hochaktuell seien. Dennoch lohnt es sich aus genau diesem Grund, am Dienstagabend mal etwas länger durchzuzappen und einmal den kleinen Sender Servus TV einzuschalten. Dort läuft um 22.15 Uhr der Western „Old Shatterhand“, ein Kassenschlager aus dem Jahr 1964 mit Lex Barker in der Titelrolle. Als genialer Sidekick ist Ralf Wolter im Kostüm des Trappers Sam Hawkens zu sehen. Pierre Brice wiederum spielt Winnetou, den tapferen Mescalero-Apachen mit langen schwarzen Haaren.
Die Figur des Winnetou, einst eine Erfindung von Karl May, ist in diesem Jahr in der deutschen Öffentlichkeit zum Gegenstand heftiger Debatten geworden. Im August war ein Streit um kulturelle Aneignung und Rassismus ausgebrochen, nachdem der Ravensburger Verlag zwei Bücher zum Film „Der junge Häuptling Winnetou“ sowie ein Puzzle und ein Stickerbuch aus dem Verkauf genommen hatte. In einem Instagram-Post begründete der Verlag seine Entscheidung mit dem Feedback von Nutzerinnen und Nutzer, das gezeigt habe, „dass wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben“. In der deutschen Öffentlichkeit sahen manche gar das Abendland bedroht.
Ralf Wolter alias Sam Hawkens verstarb im Oktober
Aber auch Ralf Wolter war erst vor kurzem in den Schlagzeilen, aus sehr traurigem Anlass. Er starb im Oktober im Alter von 95 Jahren. Als kichernder Trapper in den „Winnetou“-Filmen stieg er zum Kinostar auf. Sechs Mal spielte er Sam Hawkens, dessen berühmtester Satz lautete: „… wenn ich mich nicht irre“. Viele Zuschauer verbinden Wolter aber auch mit einer zweiten Karl-May-Figur: der des Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah – ein Zungenbrecher, den kaum einer im Publikum fehlerfrei nachmachen konnte. Lange Zeit galt Wolter als Idealbesetzung für liebenswerte Tollpatsche, die einen charmanten Kontrast zu faden Helden abgaben.
Amüsiert hat Wolter in einem alten Interview für die ARD einmal auf die Dreharbeiten für die Karl-May-Filme zurückgeblickt. Seine Verwandlung in Sam Hawkens mit dem struppigen Bart habe jedes Mal Stunden gedauert. „Das war eigentlich das, wofür ich mein Geld bekommen habe“, sagte er über die lange Prozedur in der Maske. Text lernen und Spaß machen, sei nichts dagegen gewesen.
Bildquelle:
- shatterhand: CCC Filmkunst GmbH via Servus TV