Ohne Sex und Zigaretten erfolgreich: Rosamunde-Pilcher-Geschichten sind Quotengaranten. Im September starten die neuen Folgen. Der Produzent bleibt sich treu: „Wo Pilcher draufsteht, muss auch Pilcher drin sein“, sagt Michael Smeaton.
Bei Verfilmungen von Rosamunde-Pilcher-Stoffen spielen grüne Landschaft, steile Klippen und klassische Musik seit mehr als einem Vierteljahrhundert eine zentrale Rolle. Bei Zuschauerinnen und Zuschauern kommt das an. Was manche als Schmonzette, Vorabend-Kitsch, oder Schnulzfilme kritisieren, hat zahlreiche andere Fernsehformate überlebt. Die Geschichten der 2009 gestorbenen britischen Schriftstellerin geben fürs Fernsehen nach wie vor einiges her. Im ZDF starten sechs neue Filme – der erste – „Pralinen zum Frühstück“ – am Sonntag (1. September) um 20.15 Uhr.
„Wir haben rechtzeitig diesen Erfolg gespürt“, sagt Produzent Michael Smeaton. Er hat sich früh die Rechte an Büchern und Kurzgeschichten der britischen Bestseller-Autorin gesichert. 1993 wurde der erste Film im ZDF ausgestrahlt, im Mai 2019 die 150. Verfilmung.
Geschichten rund um die Familie, Schafe, Meer und Klippen, das seien die Grundzutaten, die jeder Film brauche, sagt Smeaton. Die stecken auch in den kommenden 90-Minütern mit Titeln wie „Der magische Bus“ oder „Ein Teelöffel Liebe“. „Märchenhafte Liebesgeschichten“ nennt Smeaton die Filme. Mit dabei sind unter anderem Harald Schmidt, Valerie Huber („Head Full of Honey“) oder Max Befort („Emil und die Detektive“).
Neben den charakteristischen, unverzichtbaren Filmzutaten, gibt es auch solche, die im Pilcher-Universum schlichtweg nicht vorkommen: Zigaretten und Sex zum Beispiel. Denn die „märchenhaften Liebesgeschichten“ sind nicht frei von tradierten Rollenmustern und Geschlechterklischees: Die Charaktere sind größtenteils weiß und heterosexuell – auch das ist drin, wenn Pilcher draufsteht. Die Geschichten bewegen sich im Rahmen konservativer moralischer Konventionen. Wird davon abgewichen, strafen die Zuschauer das schon einmal mit Protest, erzählt Smeaton.
Zu den Tabubrüchen zählt zum Beispiel der Pilcher-Film „Lizenz zum Seitensprung“. Darin führt ein Paar eine offene Beziehung und gibt sich das gegenseitige Einverständnis für gelegentliche Seitensprünge. Teile der Pilcher-Fangemeinde fanden das gar nicht gut. Die erste schwule Geschichte habe aber keinen größeren Shitstorm ausgelöst, sagt Smeaton. Anfang 2019 war das, nach mehr als 100 Filmen, die sich um Liebesbeziehungen drehen.
Die Medienwissenschaftlerin Elizabeth Prommer von der Universität Rostock hat sich gemeinsam mit anderen in einer Studie mit der Geschlechterdarstellung im deutschen Film und Fernsehen beschäftigt. Rosamunde Pilcher zeige kaum eine andere Form der Partnerschaft als zwischen Männern und Frauen. „Bei Pilcher liegt die absolute Erfüllung in der Partnerschaft, und Frauen funktionieren auch nur in Partnerschaften“, sagt die Medienwissenschaftlerin.
Dass manche Frauen auch ein erfülltes Leben ohne Partner führten, bilde die Sendung schlichtweg nicht ab. Dennoch findet Prommer auch Lob für Pilcher: In den Filmen seien überdurchschnittlich viele Frauen „jenseits der 50“ zu sehen. Eine Altersgruppe von Schauspielerinnen, die im deutschen Fernsehen sonst weniger sichtbar sei.
„Ü-60 und überwiegend weiblich“ sei der Großteil der Zuschauer, sagt Produzent Smeaton. „Sie wollen dieses traditionelle Bild“. Sie machen auch den Erfolg des Formats aus.
Für die Folgen schalten regelmäßig drei bis fünf Millionen Zuschauer ein. „Ein großer Beitrag zur Unterhaltung der Menschen, im positiven Sinne“ nennt Smeaton die zahlreichen Filme. Inhaltlich erwartet der Produzent auch in den kommenden Jahren Kontinuität. Aber in einigen Punkten sieht er noch Luft nach oben.
„Dramaturgie“ und „filmische Erzählweise“, das könne noch besser werden. Außerdem wünscht sich Smeaton, dass die Filme noch stärker besetzt würden. Die Vorbehalte seien groß. Es gebe viele Schauspieler, die sich genierten, in einem Pilcher-Film mitzuspielen.
Rosamunde Pilcher hat neben ihren vielen Romanen auch Hunderte Kurzgeschichten hinterlassen. Viele davon seien noch unveröffentlicht, so Smeaton. Auch die Enkel der Schriftstellerin seien begeisterte Unterstützer der Verfilmungen. Smeaton sieht deshalb derzeit keine Gründe, warum die Serie nicht fortgeführt werden sollte. „Stoff gibt es genug.“[Anne Pollmann]
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