Fördert der Anblick nackter Menschen ein glückliches Leben? Forscher sagen: Ja. Aber es sollten keine Topmodels mit Idealmaßen sein. Sat.1 bringt ein FKK-Experiment heute zur besten Sendezeit nach Deutschland.
Millionen Menschen in Deutschland schauen in diesen Wochen kummervoll auf ihren Winterspeck. Viele von ihnen werden vermutlich noch bis zum Hochsommer nicht die Kurve zum gestählten Body bekommen haben. Da passt der britische Show-Import „No Body is perfect“, der heute startet, ideal in diesen Monat. Es geht darum, den eigenen Körper bedingungslos lieben zu lernen. Und einen Skandalfaktor zur besten Sendezeit hat Sat.1 mit einprogrammiert.
Eine Villa auf der griechischen Insel Mykonos. Tatjana (20, findet sich dick), Patrick (29, von Krankheitsnarben gezeichnet) und Steffi (47, sie hat krankhafte Fettanlagerungen) sind hier zu Gast. Die Sonne steht hoch am Himmel, das Wasser glitzert im Pool. Aber darauf können sich die drei Kandidaten nicht konzentrieren. Denn vor ihnen stehen – vier Nackte. Und die sollen sich Tatjana, Patrick und Steffi vier Tage lang ganz genau angucken. Die (bekleideten) drei Kandidaten sollen lernen, sich in der eigenen Haut nach und nach wohl zu fühlen.
Das Ziel der Reise? Am Ende nackt und selbstbewusst ins Meer zu rennen. Dabei werden sie von vier – für die Hauptsendezeit 20.15 Uhr ziemlich splitterfasernackten – Coaches unterstützt. Nur knappe Höschen oder Pixel lassen noch Raum für Fantasie. Sexberaterin Paula Lambert, Fotografin Silvana Denker sowie Tanzpädagogin Sandra Wurster und Plus-Size-Model Daniel Schneider wollen die Selbstzweifel der Teilnehmer beseitigen, indem sie sie mit ihren eigenen Körpern konfrontieren. Ohne Filter und schmeichelnde Schatten. Dafür mit Bauch, Narben und hängenden Brüsten – und bunten Körpermalereien. Lambert hat selbst lange dafür gebraucht, sich zu mögen: „Ich habe unglaublich viel Zeit damit verschwendet, mich widerlich zu finden.“
„No Body is perfect“ basiert auf dem vieldiskutierten englischen Channel-4-Format „Naked Beach“. Die Idee zum Experiment kommt unter anderem vom Sozialpsychologen Keon West an der University of London. Seine wissenschaftlichen Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Lebenszufriedenheit und das Selbstwertgefühl eines Menschen steigert, wenn er sich durchschnittliche, nackte Körper anschaut und selbst mehr Zeit mit seinem eigenen nackten Körper verbringt. Je häufiger man sich hingegen unerreichbaren Attraktivitätsstandards aussetze, desto größer sei die negative Wahrnehmung des eigenen Körpers.
Und so sitzen die Kandidaten mit den Nackedeis im Café, springen mit ihnen Trampolin und spielen mit ihnen Volleyball am Strand. Jeden Abend sollen sie sich selbst außerdem 20 Minuten nackt in einem Spiegel angucken. Zwar gibt es Body-Painting, Tücher und klare Bildschnitte unterhalb des Schlüsselbeins, trotzdem sieht der Zuschauer auch ziemlich viel Haut.
Nackte Männer und Frauen im Fernsehen sind nichts Neues. In nackten Dating-Sendungen wie „Adam sucht Eva – Gestrandet im Paradies“ und „Naked Attraktion – Dating Hautnah“ (beide RTLzwei). Doch „No Body is perfect“ hat tatsächlich eine edle Absicht: Uns alle dazu zu bringen, uns im Bezug auf unseren Körper besser zu fühlen. Sollte das wirklich stimmen, könnte man fast darüber hinwegsehen, dass der Sender bei diesem Format sicherlich auch die Quote im Hinterkopf hatte.
Und so bleibt die Show trotz ihres sehr löblichen Ziels dem Reality-TV-Charakter treu. Obwohl die Kandidaten mitunter aufrichtig beschämt, verschüchtert und glücklich sind, man sich mit ihnen freut und auch leidet: Teile wirken immer wieder gezwungen und gescripted.
Erfrischend anders ist die auf der griechischen Insel gefilmte Sendung trotzdem. Denn während man in gehabter Januar-Manier sonntags auf Sat.1 den einen beim Trainieren und Abspecken auf der Nachbarinsel Naxos zuschauen kann („The Biggest Loser“, versuchen Coaches und Teilnehmer beim „Nacktexperiment“ (Sat.1) zur Abwechslung mal, den Status quo nicht zu bekämpfen, sondern lieben zu lernen. (Monia Mersni, dpa)
Bildquelle:
- Sat.1-Nobody-is-perfect: © Sat.1/Julian Essink