Mit dem sogenannten Verfake hat Jan Böhmermann im Frühjahr die RTL-Sendung „Schwiegertochter gesucht“ bloßgestellt. Der Sender räumte schließlich Fehler ein und versprach, Konsequenzen ziehen zu wollen. Nun steht fest, wie diese aussehen.
Es ist gerade einmal zwei Monate her, seit Satiriker Jan Böhmermann ein kleines Erdbeben im deutschen Privatfernsehen auslöste: Für seine Sendung „Neo Magazin Royale“ schleuste er undercover zwei Schauspieler bei der RTL-Kuppel-Show „Schwiegertochter gesucht“ ein und decke dabei die Praktiken RTLs hinter dem teils umstrittenen Format auf. Der Kölner Sender versprach daraufhin, Konsequenzen ziehen zu wollen und nun steht auch fest, wie diese aussehen werden.
Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Dienstag berichtete, hat sich der Sender gemeinsam mit den zuständigen Medienwächtern der Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) darauf geeinigt, die Auswahl der Kandidaten unter strengeren Richtlinien durchzuführen. Konkret geht es dabei darum, künftig zu vermeiden, dass Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen in die Sendung kommen. Als geistig beeinträchtigt gelten dabei Menschen, die einen IQ unter 70 haben und Schwierigkeiten haben, Sätze frei zu sprechen.
„Wir haben die Sendungen der letzten Jahre durchsucht. Dabei sind wir auf einen Kandidaten gestoßen, der präsentiert wurde, und den wir nicht für geeignet für die Sendung halten“, erklärte NLM-Direktor Andreas Fischer laut dem Blatt. Meist sei es bei „Schwiegertochter gesucht“ aber so gewesen, dass lediglich solche Kandidaten aufgetreten seien, die mit der Situation überfordert waren und rhetorisch große Schwächen haben.
Formate wie „Schwiegertochter gesucht“ stehen schon seit Jahren in der Kritik, dass sie die hilfesuchenden Kandidaten lediglich vorführen und öffentlich bloßstellen. Diesen Eindruck hatte auch Jan Böhmermanns Verafake unterstrichen, in dem deutlich zu sehen war, dass das Produktionsteam hinsichtlich der abzuschließenden Verträge mit den Kandidaten keine all zu große Sorgfalt walten ließ.
Zudem konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Macher der Kuppel-Show gezielt Kandidaten aussuchen, über die sich das Publikum – entsprechend in Szene gesetzt – später im Fernsehen amüsieren kann. Man könne darüber diskutieren, ob man Menschen vor sich selbst schützen soll, aber bei vielen dominiert der Wunsch, ins Fernsehen zu kommen, ging Fischer auf diesen Kritikpunkt mit ein.
Nach dem Shitstorm, der nach dem Verafake über RTL hereingebrochen ist, will der Sender nun inhaltlich zumindest ein wenig an den Stellschrauben drehen. Das passiert allerdings erst mit Verzug, denn die neuen Richtlinien sollen erst für die nächste Staffel gelten. Die für den Herbst geplante Ausstrahlung der nächsten Episoden ist davon noch nicht betroffen.
Bereits im Mai hatte RTL zudem personelle Konsequenzen aus dem Skandal gezogen. So wurde das Produktionsteam für „Schwiegertochter gesucht“ ausgetauscht, sodass die neuen Folgen nun von anderen Köpfen produziert werden. RTL räumte „Fehler im Bereich der redaktionellen Sorgfaltspflicht“, für die man gemeinsam mit der Produktionsfirma Warner gerade stehe. Die vom Verafake aufgedeckten Fehler sollen sich so nicht wiederholen. [fs]
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