Berlin – Das nächste Jahr könnte für die beiden deutschen Nachrichtensender n-tv und N24 zum Schicksalsjahr werden.
Sie werden noch stärker als bisher um Marktanteile und Werbekunden kämpfen, denn spätestens 2005 müssen bei beiden Sendern laut Aussage ihrer Haupteigentümer schwarze Zahlen geschrieben werden. Ansonsten droht bei n-tv das Aufgehen in den Haupteigner RTL, bei N24 schweben in schöner Regelmäßigkeit die Schreckgespenster Einstellung, Teilverkauf oder Umwandlung über der Zentrale.
Dabei haben die News-Konkurrenten bereits ein turbulentes Jahr hinter sich, wobei sich die Probleme in den Zentralen in Berlin-Mitte gleichen. Der Werbemarkt für die so genannte Info-Elite, die beide Sender ansprechen, ist eingebrochen. Die reine Nachrichtenausrichtung wird durch Dokumentationen und Lifestyle-Formate stärker verwässert, dennoch kommen die Marktanteile nicht über ein Prozent hinaus, und in ihren Haupthäusern RTL und ProSiebenSat.1 stehen die defizitären Kanäle, wenn auch noch nicht auf der Streich-, so zumindest auf der Prüfliste.
Der zum ProSiebenSat.1-Konzern gehörende Sender N24 war im Jahr 2000 gegründet worden. Der Kanal sollte nicht nur als eigener Sender bestehen, sondern auch als interner Nachrichtenlieferant für die Gruppe fungieren. Doch die Sender haben ihre Redaktionen größtenteils beibehalten und beziehen stattdessen Bildmaterial oder einzelne Beiträge aus dem zentralen Nachrichtenpool.
Claus Larass, der bisherige Vorstand Nachrichten, Information und politische Sendungen, verlässt im Rahmen des Personalkarussells unter Haupteigner Haim Saban das Unternehmen Ende Dezember. Die N24-Geschäftsführung, die Larass inne hatte, wurde mit dem bisherigen Konzernsprecher Torsten Rossmann neu besetzt. Zusammen mit der Ernennung Rossmanns bekräftigte ProSiebenSat.1-Vorstandsvorsitzender Urs Rohner „das große Potenzial von N24“. Man sei davon überzeugt, dass es gelingen werde, den positiven Trend fortzusetzen und den Sender so aufzustellen, „dass er sich auf Dauer wirtschaftlich trägt“. Die Frage bleibt, wie viel Zeit dem neuen Management dafür eingeräumt wird.
Beim Konkurrenten n-tv ein paar Straßen weiter ist die Stimmung zum Jahresende ebenfalls durchwachsen. Der Chef der RTL Group, Gerhard Zeiler, hatte noch im September erklärt, ein Umzug des Senders von Berlin nach Köln stehe nicht an. Jetzt heißt es ganz offiziell, die Zentrale stehe zur Disposition; über einen möglichen Weggang nach Köln, Sitz von RTL, werde Anfang des Jahres entschieden. Mitarbeiter befürchten den Verlust des eigenen Profils, sollte die Anbindung an RTL noch größer werden.
Im November waren bereits neue Sparmaßnahmen und Einschnitte im Programm bekannt geworden. Der Sender streicht zum Jahresende seine erfolgreichen Talkshows „Der grüne Salon“ und „Talk in Berlin“. Begründet wurde die Aufgabe mit „finanziellen und programmlichen Gründen“. Ab dem nächsten Jahr wird die Produktionsfirma von Friedrich Küppersbusch, probono, zwei neue Talkshow-Formate am Sonntag- und Montagabend herstellen. Die Online-Redaktion wurde ausgelagert, im Laufe des Jahres wurden viele Mitarbeiter entlassen.
Dennoch gibt sich n-tv-Geschäftsführer Johannes Züll optimistisch. Das Sendeschema mit neuen Formaten habe zu einer steigenden Umsatzentwicklung in den vergangenen Monaten beigetragen, die „eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen zeigten auf der Kostenseite Wirkung. Wir sehen, dass der eingeschlagene Weg richtig ist, und wir werden ihn auch weiter verfolgen.“ Der Break-Even, zunächst für das Jahr 2004 anvisiert, soll nun definitiv 2005 erfolgen.
Für das nächste Jahr gibt es nur zwei Fragen zu beantworten: Zum einen, ob der TV-Markt in Deutschland auf Dauer genug Potenzial für zwei rentable Nachrichtensender bietet. Und zum anderen, ob beide Medienkonzerne das Durchhaltevermögen haben, dies herauszufinden. [fp]
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