In Zeiten von On-demand-Fernsehen und Interactive TV fragen sich Konsumenten und Macher: Welche audiovisuellen Inhalte werden künftig wann und über welche Endgeräte gesehen oder sogar mitgestaltet? Der „NewTV“-Kongress des Münchner Kreises am 11. Mai hat nach Antworten gesucht.
Rund 200 Experten aus Medienwirtschaft, Politik und Wissenschaft haben auf Einladung des Münchner Kreises die Zukunftsperspektiven für die Erzeugung, Vermarktung und Nutzung von TV-Inhalten diskutiert, teilte der Interessenverband am Mittwoch mit. Über die wesentlichen Trends der heutigen Fernsehlandschaft waren sich die Experten auf der „NewTV“-Konferenz einig: zeitversetztes On-demand-Fernsehen und konvergente Anwendungen lassen die Grenzen zwischen herkömmlichem Fernsehen und Internet zumindest teilweise verschwinden.
Dennoch kann für das Fernsehen derzeit ein eher friedliches Nebeneinander mit den über Internet und Mobilfunk verbreiteten Angeboten festgestellt werden. Jörg Eberspächer, Vorstandsmitglied des Münchner Kreises, meinte dazu, dass Experten mit einem umfassenden Wandel der Fernsehlandschaft über einen Zeitraum von zehn bis fünfzehn Jahre rechnen.
Bereits heute werden bei einigen Angeboten Live-TV und On-Demand-Inhalte auf dem Fernseher über dieselbe Nutzeroberfläche gesehen. Bald wird es diese vom Kunden offenbar gewünschte Zusammenführung auch verbreitet am PC und auf dem Smartphone geben. Dazu sagte Gert von Manteuffel, Vice President IPTV der Deutsche Telekom AG, dass die zunehmende Verbindung von linearen TV-Inhalten und On-Demand-Inhalten nicht nur zu einer insgesamt gesteigerten Nutzung führe, sondern auch die Darstellungsformen im Fernsehen bereichere. Darüber hinaus könnten Geschäftsmodelle des interaktiven Fernsehens ausgebaut werden.
Die Geschäftsführerin der UFA Film & TV Produktion Susanne Stürmer geht davon aus, dass durch das Internet die Inhalte und Erzählformen des Fernsehens weiter beeinflusst werden. Dadurch würden sich die verschiedenen Genre wie Dokumentation, Fiction und Game immer weiter annähern und vermischen. Erste Versuchsprojekte in diese Richtung starteten jüngst der öffentlich-rechtliche Sender ZDF und der Pay-TV-Kanal 13th Street Universial. Das Zweite brach einen TV-Krimi, während der Ausstrahlung ab und rief zur Recherche im Internet auf (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Der Crime-Sender 13the Street Universial strahlte den ersten Real-Life-Game-Film im April aus (DF berichtete).
„Die verstärkte On-demand-Nutzung wird neue Herausforderungen an die Programmierung von Inhalten und an das serielle Erzählen stellen“, sagte Stürmer auf dem Kongress. Fernsehprogramme würden zudem immer stärker entweder Event-Charakter tragen, um möglichst viele Zuschauer zu erreichen, oder Nischen-Charakter, um Produktionskosten zu sparen.
Der Fokus der TV-Vermarktung liegt derzeit für Malte Hildebrandt, Geschäftsführer Marketing der Seven One Media AG, auf vier Geschäftsmodellen: Beim Branded Entertainment, der Verschmelzung von Werbung und Unterhaltung, gelte es, Marken intelligent und passend zum Programm zu inszenieren. Darüber hinaus böten Sonderwerbeformen den Werbekunden neben der exklusiven Platzierung ihrer Botschaften auch eine besonders starke Zuschauerbindung.
Ein noch junger Markt mit Potenzial ist laut Hildebrandt die professionelle Vermarktung von Product Placement. Nicht zuletzt bereiteten crossmediale Konzepte eine hervorragende Bühne für die Markenplatzierung. „Ziel ist es, die Markenbotschaften kreativ und glaubwürdig über alle relevanten Plattformen zu spielen“, so Hildebrandt.
Die Teilnehmer der Konferenz machten deutlich, dass die aktuellen Veränderungen in der Fernsehproduktion und der TV-Nutzung nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Immer mehr Menschen nutzen Festplattenrekorder, Video-on-Demand-Inhalte oder Mediatheken. Das lineare Fernsehen werde aber in naher Zukunft nicht verschwinden. Live-Veranstaltungen und beliebte Familienprogramme werden auch in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen. [rh]
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