Es ist nicht die erste Dokumentation über die Tötung des Journalisten Jamal Kashoggi. Der Zweiteiler beleuchtet allerdings nicht primär die Geschichte des getöteten Journalisten, sondern vor allem die Rolle des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.
Es ist ein Fall, der weltweit für Entsetzen sorgte: Am 2. Oktober 2018 betritt Jamal Kashoggi, Journalist und Kritiker des mächtigen Kronprinzen Mohammed bin Salman, das saudische Konsulat in Istanbul, um Dokumente für die Hochzeit mit seiner türkischen Verlobten abzuholen. Aus dem Verwaltungsgebäude kommt er nicht mehr lebend heraus. Die zweiteilige Dokumentation „Mord im Konsulat – Mohammed bin Salman und der Fall Kashoggi“ wird am Dienstag um 20.15 Uhr erstmals im europäischen Free-TV bei Arte ausgestrahlt. Und wie der Titel es erahnen lässt, wird darin vor allem die Rolle des saudischen Kronprinzen unter die Lupe genommen.
Wochen nach Kashoggis Tod bezeichnete der stark unter Druck geratene Mohammed bin Salman die Tötung öffentlich als „abscheulichen Vorfall“, stritt ein Zutun aber vehement ab. Zwei Monate später, im Dezember 2018, traf Filmemacher Martin Smith im Zuge seiner Dokumentation den Kronprinzen bei einem Elektroauto-Rennen außerhalb Riads. Im Gespräch mit Smith redete der Prinz über seine eigene Rolle. Der Zuschauer erfährt von diesen Aussagen leider nur aus dem Gedächtnisprotokoll. Von der Kamera begleitet wird lediglich der anfängliche saloppe Austausch auf der Tribüne.
Die Dokumentation ist eine Produktion des Senders „Public Broadcasting Service“ (PBS), dem amerikanischen öffentlichen Rundfunk. In Amerika war sie bereits im Oktober 2019 zu sehen – ziemlich genau ein Jahr nach der Tötung. Die Ausstrahlung des deutsch-französischen Kulturkanals Arte ist eine europäische TV-Premiere. Zahlreiche Interviews mit Beamten des saudischen Königshauses, Dissidenten und Aktivisten bis hin zu Geheimdienst-Insidern und amerikanischen Journalistenkollegen von Jamal Kashoggi sollen ein umfassendes Porträt über bin Salman und dessen Aufstieg zur Macht nachzeichnen.
Dem PBS-Korrespondenten Smith ging es nach eigenen Aussagen um viel mehr als eine Untersuchung der grausamen Tötung Kashoggis. In einem Interview zu der Dokumentation sagte er im amerikanischen Fernsehen, es handele es sich für ihn um eine Aufzeichnung jeglicher Arten der Repression in Saudi-Arabien unter Mohammed bin Salman. In der Doku sagt er: „Von Anfang an haben die Saudis versucht, den Fall zu vertuschen.“
Zudem enthält der Zweiteiler bislang unbekanntes Interviewmaterial mit Kashoggi. Die Reportage berichtet über die Herausforderungen eines Mannes, der mit seiner „Washington Post“-Kolumne aus dem Exil gegen Repressionen kämpfte. Freunde und Kollegen helfen dabei, die damaligen Vorgänge zu rekonstruieren. Wütend und traurig, bewundernd und verunsichert, leise aber bestimmt legen sie die Reise dar, die der Journalist vom einstigen Unterstützer bin Salmans zu dessen lautesten Kritiker zurücklegte. Ein, wie sich herausstellen sollte, lebensgefährliches Unterfangen.