Viele der aktuellen und häufig weltweit aktiven Showformate wie Talk, Quiz, Casting und Comedy scheinen ausgedient zu haben. Wo die großen Programmmarken jetzt stehen und woher neue,innovative Entertainment-Konzepte herkommen können, das wurde auf dem Entertainment-Gipfel unter dem Titel „Beyond Global Brands. Was bleibt, was geht und was kommt im Entertainment?“ eifrig diskutiert.
Ute Biernat, Geschäftsführerin UFA Show & Factual und Produzentin unter anderem von „DSDS“, „Das Supertalent“ und zahlreichen weiteren Formaten, definierte zunächst den Begriff der „Global Entertainment Brands“ als Formatmarken, die in mindestens 20 Länder erfolgreich ausgerollt werden. Dazu würden beispielsweise Programmmarken wie „Idols“, „Got Talent“ oder „Wer wird Millionär?“ gehören.
Anschließend fasste Biernat die globale Formatentwicklung zusammen:Die Länder, aus denen die Global Entertainment Brands und neue Formatekommen, seien früher die USA und Großbritannien gewesen. IhreInnovationskraft ließe aber nach. Stattdessen beschäftige man sich inAustralien mit neuen fiktionalen und auch nichtfiktionalen Themen und inSkandinavien probiere man mit großem Selbstbewusstsein Dinge aus undtrage sie in die Welt. Auch die Holländer seien in diesem Bereich weitvorn, auch jenseits von John de Mol. „Wir könnten das auch, uns fehltnur leider die Geschichte dazu, weshalb ich einfach nicht ausreichendEntwickler finde“, beschrieb sie die Lage in Deutschland. Vordem Hintergrund dieser Entwicklung begrüßte sie nachdrücklichEntwicklungsgelder wie die Pilotförderung in NRW. Es brauche ein System,das junge Firmen mit ihren Ideen an den Markt führt.
Eun-Kyong Park, Geschäftsführerin von Sixx TV, sucht derzeit nach einem Showformat: „frauenaffines Event, über sechs Wochen auszustrahlen.“ Für Park macht die Segmentierung, für die ihr Sender auch steht, durchaus Sinn. Auch in der Formatentwicklung sollte neben dem Storytelling und einem starken Charakter, der für das Programm steht, die Zielgruppe im Mittelpunkt stehen. Bei Sixx beispielsweise seien dies moderne Frauen von 14 bis 39, die alles könnten, nur nicht die Zeit dafür hätten.
Jörg Grabosch, Geschäftsführender Gesellschafter von Brainpool und Produzent unter anderem von Programmmarken wie „Schlag der Raab“, „TV Total“ oder „Stromberg“, produziert ohne Blick auf den Weltmarkt. „Wir treten mit deutschen Künstlern und deutschen Konzepten für den deutschen Markt an, internationale Erfolge nehmen wir gerne mit, ist aber nicht Ziel der Formatentwicklung.“
Weltweit bestehe ein „große Hunger“ nach dem neuen Formaten, auch weil die Formate von FremantleMedia seit über 10 Jahren die Samstagabende belegten. Ob „Rising Star“, das in den vergangenen zwei Jahren weltweit in zahlreiche Märkte verkauft wurde und im Herbst bei RTL startet, ein Global Brand mit ähnlicher Strahlkraft wie „Idols“ oder „Got Talent“ werden kann, bezweifelte er dagegen.
Im deutschen Markt für Entertainment-Programme beobachtet Grabosch ein Nachlassen der Innovationskraft der privaten Sender, während die Spartenkanäle der Öffentlich-Rechtlichen weiter seien. „Aber da gibt’s die leidige Rechtedebatte. Die Diskussion löst sich nicht.“ Georg Hirschberg, Geschäftsführer Prime Productions und Produzent von Formaten wie „Heute Show“ oder „Knallerfrauen“ und Vorsitzender des Sektionsvorstands Entertainment der Produzentenallianz teilte die Einschätzung von Grabosch zur Rechtedebatte: „Vertragsrechtlich ist das ZDF auf dem Stand von 1962“. Zwar gebe es in den Nischenprogrammen wie ZDF Neo durchaus Innovation, aber „erreicht durch die Ausbeutung von Kunststudenten“.
Die Einordnung der grundsätzlich schwierigen Lage im Formatbereich teilte Hirschberg mit seinen Kollegen: „Wir haben bei der ‚Heute Show‘ mehr über 80-jährige als unter 30-jährige Zuschauer. Es gibt kaum noch Formate, die die Zuschauer in der Breite ansprechen. Man muss sich also für ganz bestimmte Zielgruppen entscheiden.“
Philipp Käßbohrer, Geschäftsführer der vor zwei Jahren gestarteten Bild und Tonfabrik, die mit der vielbeachteten Talkshow „Roche & Böhmermann“ begann und mit dem „Neo Magazin“ jüngst den Grimme-Preis gewann, versucht aktuell mit seinem jungen Unternehmen den Schritt heraus aus der Nische und produziert für den WDR „Die unwahrscheinlichen Ereignisse im Leben von…“. Mit einem jungen Ensemble aus Schauspielern mit „Funny Bones“ und Charakter entsteht ein Sketchcomedyshow, „ein bisschen nach den Prinzipien von „Saturday Night Live“, so der Jungproduzent. Er mag das Nischenprogramm: „In der Sparte können wir innovativ sein und experimentieren. Quote ist am Rande des Fernsehens nicht so wichtig“[das]
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