Seit Dienstag ist Karola Wille die neue Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks. Mit DIGITALFERNSEHEN.de sprach sie unmittelbar nach Amtsantritt darüber, wie sie die Drei-Länder-Anstalt der ARD zukunftsfähig machen und jüngere Zuschauer erreichen will.
Wie liefen Ihre ersten beiden Arbeitstage als neue MDR-Intendantin?
Karola Wille: Die waren ganz schön vollgepackt mit Terminen. Ich habe mich unter anderem mit meiner Führungsmannschaft getroffen, mit ihr mein Konzept diskutiert und beschlossen, wie wir im Haus weiter vorgehen wollen. Ich habe den neuen Newsdesk eröffnet, mit dem wir in Zukunft trimedial arbeiten wollen und hatte natürlich viel mit Medienvertretern zu tun. Und: ich habe alle Mitarbeiter zu ersten Versammlungen eingeladen.
Ihr Konzept haben Sie soeben schon angesprochen. Ihr Ziel ist es, den MDR zukunftsfähig zu machen. Welche Maßnahmen planen Sie?
Wille: Was unsere Programmangebote betrifft, möchte ich die Regionalität stärken und auf den unterschiedlichsten Wegen auch das jüngere Publikum gewinnen. Außerdem will ich die Strukturen und Prozesse verändern und so Ressourcen erschließen, damit wir auch in Zukunft gute Produkte im Fernsehen, Hörfunk und Online anbieten können.
Wie möchten Sie das jüngere Publikum konkret erreichen?
Wille: Das ist eine strategische Herausforderung für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Erreichen werden wir dieses Publikum nicht nur auf einem Weg. Wir haben heute schon die jungen Hörfunkwellen, wie MDR Sputnik und MDR Jump, wir haben die Telemedien-Angebote, aber wir sollten auch noch nachdenken, was in den Fernsehprogrammen möglich ist. Es wird wohl nicht ausreichen, das jüngere Publikum nur mit den dritten Programmen zu gewinnen. Wir sollten viel eher versuchen, in der ARD die Idee eines gemeinsamen, digitalen Jugendkanals zu diskutieren. Dazu braucht man aber Geld, dazu braucht man Konzepte. Das ist keine Angelegenheit von November zu Dezember. Das Thema wird uns noch eine Weile beschäftigen.
Ihr Stammpublikum ist im Durchschnitt 60 Jahre alt. Wie wollen Sie dieses in Neuerungen einbeziehen, ohne es zu überfordern?
Wille: Wir müssen im Fernsehen versuchen, die jüngeren Zuschauer anzusprechen, ohne das Stammpublikum zu verlieren. Das ist ein Spagat. Aber es muss uns gelingen, Themen zu finden, die sowohl ältere als auch jüngere interessieren und diese dann entsprechend gut verpacken.
Wie schätzen Sie das derzeitige Programm im Radio und Fernsehen ein?
Wille: Wir sind in Mitteldeutschland gut verwurzelt. Wir haben eine hohe Reichweite im Hörfunkprogramm und ein Stammseherpublikum mit 42 Prozent. Die Leute nutzen uns. Ich denke, dass wir Stärken haben und diese werden wir weiter ausbauen. Wir wollen noch breiter, noch vielfältiger und noch näher von der Lebenswirklichkeit der Menschen hier in dieser Region berichten. Das ist ein wichtiger Zukunftspfad für uns.
Die Stärken des MDR haben Sie angedeutet. Welche Schwächen gibt es denn?
Wille: Von Schwächen würde ich nicht reden, allerdings sollten wir das eine oder andere verändern. Wir werden prüfen, was wir im Unterhaltungsbereich verändern sollten. Der MDR ist gut beraten, wenn er das Moderne in den drei Bundesländern widerspiegelt. Das Gesicht der Länder hat sich verändert, die Menschen haben sich entwickelt. Das sollte mit in das Programm aufgenommen werden. Das kann mit neuen Verpackungen, mit einer frischen, moderneren Ansprechhaltung, aber auch möglicherweise mit neuen Gesichtern geschehen.
Mit den Skandalen, die den MDR in seinem 20. Jahr gebeutelt haben, kommt weitere Arbeit auf Sie zu. Wie wollen Sie dabei vorgehen?
Wille: Indem ich den Prozess der Aufarbeitung bei mir ansiedle und zur Chefsache mache. In der neuen Position kann ich mir jetzt vollumfänglichen Zugang zu allen relevanten Vorgängen verschaffen.
Wie wollen Sie solche Skandale in Zukunft verhindern?
Wille: Aus meiner Sicht müssen wir zwei Wege gehen. Zum einen müssen wir die Untersuchungsergebnisse abwarten und dann sehen, wo es gegebenenfalls Defizite im Kontrollsystem gegeben hat und daraus die richtigen Konsequenzen ziehen. Zum anderen muss dieser Veränderungsprozess auch in den Köpfen ankommen. Wir müssen über Verantwortungskultur diskutieren. Das wird ein wesentlicher Punkt sein, damit diese Veränderungen auch nachhaltig sind.
Durch die MDR-Affären ist das Image der Rundfunkanstalt angekratzt. Wie wollen Sie es wieder aufpolieren?
Wille: Zunächst möchte ich voranstellen, dass wir hier tausende feste und freie Mitarbeiter im Haus haben, die jeden Tag anständig und engagiert arbeiten. Was wir allerdings auch haben, sind kriminelle Handlungen Einzelner. Das hat dazu geführt, dass ein Stück Vertrauen verloren gegangen ist. Das können wir nur wieder gewinnen, indem wir den Aufklärungsprozess konsequent vorantreiben. Ich wage heute aber noch keine Prognose, wann diese Aufarbeitungen letztendlich abgeschlossen sind.
In Ihrer Biografie ist zu lesen, dass Sie in Chemnitz geboren und Sachsen nach Ihrem Studium in Jena treu geblieben sind. Was fasziniert Sie an dem Bundesland und am gesamten MDR-Sendegebiet?
Wille: Ich finde hier eigentlich alles – interessante Städte, wunderbare Landschaften, in denen ich herrlich wandern kann. Letztlich ist Mitteldeutschland einfach ein Stück Heimat. Hier gibt es viele Ecken, die es lohnt, zu entdecken. Ich würde mir wünschen, dass noch viel mehr Menschen Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt besuchen und dass auch mehr Menschen aus den alten Bundesländern neugieriger werden.
Werfen Sie für uns doch bitte noch einen Blick in die Zukunft. Wo sehen Sie den MDR am Ende Ihrer Amtszeit?
Wille: Also ich hab‘ ja sechs Jahre Zeit und eine Vision vom MDR 2017. Ich möchte, dass wir ein starkes multimediales Medienhaus sind, das Programme für jüngere und ältere anbietet. Wir sollen dann weiterhin für glaubwürdigen und unabhängigen Journalismus stehen. Wünschen würde ich mir auch, dass die Mitarbeiter in ein paar Jahren sagen: „Das war eine interessante Phase. Da hat sich das ein oder andere verändert und es hat mir Spaß gemacht.“
Vielen Dank für das Gespräch.
Lesen Sie hier das exklusive DIGITALFERNSEHEN.de-Interview mit Roman Steuer, dem Senderverantwortlichen von Sky Sport News HD.INTERVIEWs im Überblick
[Interview: Stefanie Ullmann]
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