Beim MDR wird ab diesem Sonntag ausgiebig über Sex geredet. Dabei will die fünfteilige Doku mit Paartherapeutin Ann-Marlene Henning nicht aus dem Erotikshop berichten, sondern aus der Mitte der Gesellschaft.
Jessica und Oli haben ein Problem. Sie verstehen sich zwar, aber im Bett läuft so gut wie nichts mehr. Bei der Paartherapeutin Ann-Marlene Henning lernen sie, wie es bei Frauen „dort unten“ aussieht, was Beckenbodentraining ist und vor allem eines: reden. Jessica macht Oli auf diplomatische Weise klar, dass er zu schnell zur Sache kommt. „Die Art der Berührung ist sehr zielorientiert“, sagt sie.
Solche Szenen gibt es in der fünfteiligen Doku „Make Love – Liebe machen kann man lernen“, die SWR und MDR gemeinsam produziert haben und am Sonntag startet. Und das nach 22.00 Uhr: Es geht nicht um Bienen und Blüten, sondern auch sehr direkt darum, wo bei Frauen das Pendant zur männlichen Prostata liegen soll, oder wie es aussieht, wenn ein Paar miteinander schläft.
Dazu kommen noch Radiosendungen und ein Webspecial zu Sex und Aufklärung. Braucht man das alles heute noch? Nach Sex-Pionieren wie Oswalt Kolle und Ruth Westheimer oder dem DDR-Aufklärer Siegfried Schnabl, TV-Formaten wie „Wa(h)re Liebe“ oder der Fülle an Infos und Pornobildern, die im Internet nur Klicks entfernt sind? Die beiden öffentlich-rechtlichen Sender finden: ja. Und für den MDR ist es nach den TV-Experimenten zum Leipziger Völkerschlacht-Jubiläum wieder ein Schritt weg vom altbackenen Image.
Mit der studierten Sexologin Henning (49) haben die Sender eine telegene Protagonistin gefunden, die locker und nicht zu pädagogisch daher kommt. Die in Hamburg lebende Dänin hat das viel beachtete Aufklärungsbuch „Make Love“ geschrieben. Es war für Jugendliche gedacht, aber wird von Erwachsenen gekauft, wie sie sagt. Ihr Credo: „Über Sex spricht man nicht – ich schon.“
Sexualität kann man ihrer Ansicht nach lernen. Mit einer „Mösette“ aus Plüsch erklärt Henning etwa in der ersten Folge die Klitoris. Fälle wie das junge Paar mit eingeschlafenem Liebesleben kennt sie aus ihrer Praxis. Henning weiß, dass sie von Therapeuten-Kollegen beäugt wird und will keine gestellten Szenen oder schnelle Lösungen zeigen. Bei der Aufklärung sei das Internet nicht immer hilfreich, findet sie. „Da poppen Sachen auf, die will man gar nicht sehen.“
Zu den Themen der Doku gehören das Sexleben von Singles oder die Aufklärung von Schülern, die vermeintlich alles aus dem Internet kennen. Optisch kommt die Reihe luftig-modern daher, mit wissenschaftlichen Infos und Zahlen, die grafisch über Häusern schweben, oder einem Kameramann, der aus dem Off mit Henning plaudert. Vorgeführt werden soll niemand.
Produzent Christian Beetz grenzt die Reihe von schrilleren Formaten der privaten Sender ab, von Berichten über Reeperbahn und Swingerclub. „Wir werden nicht in den Dildoshop gehen“, sagt er. „Wir schauen dorthin, wo das Tabu liegt – und das liegt in der Mitte der Gesellschaft.“[Caroline Bock/fm]
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