Lilo Pulver – Lachen als Lebenselixier. Die Schweizer Schauspielerin war in ihren Rollen burschikos, charmant und umwerfend. Die Hollywood-Karriere ließ sie zugunsten des deutschen Publikums sausen, aber das brachte ihr privates Glück.
Es gilt als das ansteckendste Lachen der deutschen Filmgeschichte: Die Schweizer Schauspielerin Liselotte Pulver hat das Publikum mit ihren Glucksern aus tiefster Kehle seit den 1950er Jahren umgarnt. In den 80er Jahren verzauberte sie Kinder mit ihrem ansteckenden Humor in der Sesamstraße. An diesem Freitag, 11. Oktober, wird sie 95 Jahre alt.
„Viele sagen, ich hätte so eine Donnerlache“, sagte sie in jungen Jahren spitzbübisch in einem Fernsehinterview. „Aber da kann ich nichts dafür!“ Pulver galt Jahrzehnte als personifizierte gute Laune. Dabei habe sie in ihren Anfangszeiten ganz andere Pläne gehabt: „Ich wollte Tragödin sein. Ich wollte ganz ernste Rollen spielen und die Menschen zum Weinen bringen“, sagte sie in einem anderen Interview.
Klassiker der Filmgeschichte
Wie gut für das Publikum, dass sie einen anderen Weg einschlug. Pulver hat in zahlreichen Filmen in den 1950er und 1960er Jahren ihre Wandelbarkeit gezeigt. Sie stand zum Beispiel als liebreizende Ungarin in „Ich denke oft an Piroschka“ (1955) vor der Kamera oder als verkleideter Handwerksbursche Felix in „Das Wirtshaus im Spessart“ von 1958 (Samstag, 12. Oktober, 20.15 Uhr; BR).
Und dann kam Billy Wilders „Eins, zwei drei“ (1961), für viele Menschen der beste Lilo-Pulver-Film, in dem die Bernerin als „Fräulein Ingeborg“ in Marilyn Monroe-Manier im Pünktchen-Kleid aufreizend auf dem Tisch tanzt. Die Berlin-Komödie wurde vom Mauerbau überschattet, als niemand nach Lachen zumute war, und floppte zunächst. Erst, als der Film 25 Jahre später wieder hervorgeholt wurde, bekam er Kultstatus.
Ihre ernste Seite zeigte Pulver in Literaturverfilmungen. Als Zaza war sie in „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ 1957 zu sehen, in den „Buddenbrooks“ (1959) spielte sie Tochter Antonie, und in der französischen Diderot-Verfilmung „Die Nonne“ (1966) war sie als unglückliche Klosterbewohnerin, die flieht und scheitert, zu sehen.
Leben in der Seniorenresidenz
Pulver lebt seit vielen Jahren zurückgezogen in einer Seniorenresidenz in Bern. In der Schweiz war sie zuletzt 2021 im Fernsehen zu sehen, als sie bei der Verleihung der Filmpreise geehrt wurde. Der Sender SRF besuchte sie dazu in Bern. Sie freue sich natürlich, sagte sie damals, lachend, natürlich. „Das ist der Beweis, dass ich noch da bin.“
Ein Boulevardmagazin, das seine Spalten mit allerhand Geschichten über Promis und Adelige füllt, schrieb vor Kurzem, Pulver sei fröhlich und zufrieden, wolle über 100 Jahre alt werden und träume gar von einem neuen Partner: „Er müsste schön, reich und lustig sein“, wird sie zitiert. Passen würde das zu ihr.
Lilo Pulver drehte Filme mit den Größten der Branche
Vor der Kamera stand Pulver mit Film-Größen wie Hans Albers, Gustaf Gründgens, Heinz Rühmann, Curd Jürgens, O. W. Fischer und Hardy Krüger, und in französischen Produktionen unter anderem mit Jean Gabin.
Pulver träumte von einer Weltkarriere und drehte Ende der 50er Jahre auch in Hollywood. Aber um ihrem deutschsprachigen Publikum treu zu bleiben, schlug sie wegen bereits vereinbarter Dreharbeiten Rollen etwa an der Seite von Charlton Heston in „Ben Hur“ oder in „El Cid“ aus. Die Filme wurden zu Welterfolgen.
Den Film „El Cid“ – besetzt dann mit Sophia Loren – abzusagen, bezeichnete Pulver später als ihren größten Fehler, aber er brachte ihr privat Glück. Stattdessen drehte sie nämlich in Deutschland den Film „Gustav Adolfs Page“ (1960), bei dem sie ihren späteren Mann, den deutschen Schauspieler und Regisseur Helmut Schmid kennenlernte. Mit ihm drehte sie auch 1962 „Kohlhiesels Töchter“. Darin ist sie in der Doppelrolle von Zwillingsschwestern zu sehen, eine simpel und meist wütend, die andere umwerfend charmant.
Privates Glück und Tragödie
Mit Schmid war Pulver mehr als 30 Jahre verheiratet, ihr größtes Glück, wie sie immer betonte. Sohn Marc-Tell (62) lebt mit seiner Familie noch im Haus der Familie am Genfersee. Tochter Mélisande beging 1989 Suizid. Schmid starb 1992. Wie hat sie die Schicksalsschläge verkraftet? „Man hat keine andere Wahl“, sagte sie dem Schweizer Fernsehen. „Man muss einfach weiterleben und das Beste draus machen.“ Eines ihrer Bücher, das 2016 auf den Markt kam, hieß dann auch „Dem Leben ins Gesicht gelacht“.
Als in der deutschen Filmbranche mehr Gesellschaftskritik als Unterhaltung angesagt war, wurde es schwer für Pulver. „Für mich brachen schwierige Zeiten an. Ich war bei den Machern des Neuen Deutschen Films nicht die erste Wahl“, schrieb sie 2019 unverblümt in einem Buch, in dem sie Fotos und Briefe aus ihrem Privatarchiv veröffentlichte. Ihr letzter Film war „Das Superweib“ 1996 mit Veronica Ferres.