Harald Schmidt hat sich verabschiedet – zumindest aus dem Free TV. Demnächst ist er beim Bezahlsender Sky. Seine letzte Sat.1-Show enthielt so manche Anspielung darauf, einiges Mittellustige und einen der seltenen wirklich schwachen Momente des Meisters.
Der Begrüßungsapplaus ist deutlich stärker und länger als sonst. „Sehr aufmerksam“, sagt Harald Schmidt (54). Angekündigt worden ist er als der „ewige Entertainer“ – eine Anspielung auf das Gespräch im aktuellen „Spiegel“, in dem ihn sein ehemaliger Sidekick Herbert Feuerstein („Schmidteinander“) so nennt. Es wimmelt von Anspielungen in dieser letzten „Harald-Schmidt-Show“ auf Sat.1.
Es ist die „Woche des Abschieds“: Erst er, dann Sarkozy. Aber unterm Strich doch „eine schöne, erfolgreiche Zeit“ bei Sat.1. „Das sag ich heute ehrlich und ganz unverschlüsselt“. Das bezieht sich, klar, auf seinen künftigen Arbeitgeber, den Bezahlsender Sky. Da gibt es dann keinen Quotendruck mehr, nur noch zahlende Abonnenten.
Kurzer Einspielfilm: In einer feierlichen Zeremonie wird die Sat.1-Flagge auf dem Studiodach eingeholt, während Schmidt in Kapitänsuniform salutiert. „Sie werden mich in der Uniform auch sehen beim Eröffnungsspiel in der Ukraine.“ Es folgen Scherze zu Fritz Wepper, der zwischen Gattin und Geliebter pendelt (ein Dauerbrenner bei Schmidt), Joschka Fischers Frau Minu Barati, deren Großmutter einen Kanarienvogel namens Joschka besaß, und in Kuba gefertigte Ikea-Möbel. So geht es immer los bei Harald Schmidt. Früher war das Kult, heute ist es eher Minderheitenprogramm.
Auftritt des ehemaligen WDR-Nachrichtensprechers Charly Wagner. Mit seiner unverwechselbar knarzenden Märchenonkelstimme liest er „Klassiker des Herrenwitzes“. So mittellustig. Dann sagt Harald Schmidt etwas darüber, dass man seine Zuschauer abholen müsse und er das heute auch wirklich getan habe. Einspielfilm: Harald Schmidt fährt bei einem Kölner Rentner-Ehepaar vor und chauffiert es selbst zum Studio. Muss er künftig auf ein neues Studio ausweichen, fragen die Gäste. Nein, bleibt alles beim Alten. Nur dass die Zuschauer eben ein Abo brauchen.
Kurzer Talk mit Überraschungsgast Olli Dittrich. Und da passiert es: Schmidt fragt Dittrich irgendwas Langweiliges zur EM in der Ukraine, aber Dittrich will Schmidt auf das einzige an diesem Abend wirklich interessierende Thema ansprechen, nämlich seinen vorzeitigen Abgang. Und da offenbart der Meister einen kurzen Moment der Schwäche. Eine witzige Replik fällt ihm nicht ein, er wiederholt die EM-Frage. Wohl doch ein bisschen nervös.
Nächster Gast: die chinesische Pianistin Yuja Wang (25). Bezug zum restlichen Programm: keiner. Ist immer so bei den musikalischen Einlagen. Anschließend der letzte Gast, Sat.1-Moderator Ulrich Meyer („Akte – Reporter kämpfen für Sie“). Meyer: „Wo gehen Sie jetzt genau hin – Sky?“ Schmidt: Jaja, aber das wolle er jetzt gar nicht so breit treten. Meyer überreicht ihm als Abschiedsgeschenk einen Rettungsring und Schwimmflügel. Sie reden über Grabinschriften. Schmidt erkundigt sich: „Wissen Sie eigentlich, wer meinen Sendeplatz kriegt?“
Dann der Schluss-Gag: Olli Dittrich tritt in Sommerpausen-Verkleidung auf, nimmt Schmidt an die Hand, geleitet ihn aus dem Studio, heißt ihn, in einem Bollerwagen Platz zu nehmen, und zieht ihn ins Freie. An dieser Stelle merkt man: Alles ist nur gestellt, denn draußen ist es gar nicht dunkel, wie die Studiokulisse suggeriert, es gibt auch keine Skyline, sondern einfach nur Industriekulisse. Schmidts letzte Worte sind: „Wir sind wieder da am 11. September!“ Vier Monate Bedenkzeit, ob man dafür künftig zahlen will. [Christoph Driessen/rh]
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