Der scheidende ZDF-Intendant Markus Schächter hat sich bei der öffentlichenVerteidigung des kostspieligen Erwerbs der Champions-League-Rechte und der Schelte des bisherigen Rechteinhabers Sat.1 in der „Bild“-Zeitung ein ungewolltes Eigentor geschossen.
Auf die Frage, warum der öffentlich-rechtliche Sender künftig satte 150 Millionen Euro für die Rechte an der Champions League auf den Tisch blättert, die noch bis Ende dieser Saison kostenlos für die Zuschauer bei Sat.1 zu sehen ist, antwortete Schächter dem Boulevardblatt in einem am letzten Freitag veröffentlichten Interview: „Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Der Zuschauer muss bei Sat.1 und Co. in Zukunft für Sportereignisse in HD-Qualität fünf Euro im Monat bezahlen. Allein diese Extragebühr für das sogenannte HD Plus ist höher als der Anteil, den das ZDF von der Rundfunkgebühr bekommt“.
Nichts für ungut, Herr Schächter, aber das ist ganz schlechter Stil und gleich in mehrfacher Hinsicht falsch. So erhielt das ZDF nach Angaben der GEZ von den 2010 erwirtschafteten Gebührenerträgen in Höhe von 7,545 Milliarden Euro einen Anteil von 1,827 Milliarden Euro. Umgelegt auf die monatliche Rundfunkgebühr von 17,98 Euro zahlt damit jeder Zuschauer anteilig rund 4,31 Euro an das ZDF. Bei HD Plus sind es bei einer Jahresgebühr von 50 Euro hingegen umgerechnet 4,17 Euro monatlich. Bringt man die von der GEZ nicht erhobene Umsatzsteuer in Abzug, klafft die Schere sogar noch weiter auseinander. Selbst bei dieser verzerrten Betrachtungsweise geht Ihre Rechnung also nicht auf.
Wie Sie auch als öffentlich-rechtlicher Wettbewerber wissen sollten, fließt der HD-Plus-Beitrag zudem nicht vollständig in die Kassen von Sat.1. Der Plattformbetreiber SES Astra streicht ein größeres Scherflein der jährlichen „Infrastrukturgebühr“ ein, der Rest wird nach einem bis heute nicht öffentlich gemachten Schlüssel auf die Beteiligten umgelegt – und das sind neben Sat.1 inzwischen immerhin zehn weitere Sender. Das wäre so ähnlich, als würden Sie bei internen Budgetkalkulationen gleich noch die Gebührengelder von ARD und Deutschlandradio für die eigene Schatulle vereinnahmen.
Es mag Sie ja in den Fingern jucken, dem privaten Konkurrenten polemisch und populistisch bei einem solchen Thema mal die lange Nase zu zeigen, nachdem das teure Abenteuer Champions League dem ZDF seit Bekanntwerden Negativschlagzeilen beschert und nahezu täglich von Zuschauern, Medien, Politikern und Verbänden die Frage nach unsachgemäßer Verwendung von Gebührengeldern aufgeworfen wird.
Aber dann sollten Sie doch bitteschön auch bei den Fakten bleiben und nicht Aussagen in den Raum stellen, die selbst bei oberflächlichem Herumstochern einer Überprüfung nicht stand halten. Zumal Sie hier Äpfeln mit Birnen vergleichen, denn es soll ja auch Zuschauer geben, die mit HD Plus und all seinen Restriktionen nichts anfangen können – und zu den SD-Ausstrahlungen auf dem Sat.1-Muttersender steuert die private Plattform finanziell bekanntlich keinen müden Pfifferling bei.
Ihr Hinweis, dass Sie sich mit den Kollegen der ARD bei Spitzensportereignissen in der Übertragung abwechseln, ist da auch nicht mehr als durchsichtige Verschleierungstaktik. „Das ist effizient, weil wir das Produktionsteam und die Technik gemeinsam nutzen“, sagen Sie. Mag sein. Das ändert aber nichts daran, dass Sie die Rechnung für die Champions League letztlich frei von Synergieeffekten ganz alleine begleichen müssen und das finanziell einem sportrechtlichen Harakiri gleichkommt.
Schade, Herr Schächter. Hätten Sie das Interview mit den Kollegen der „Bild“ doch mal genutzt, um ein wenig mehr Transparenz in die Verwendung unserer Gebühren zu bringen. Stattdessen müssen wir wohl weiterhin damit leben, dass bei den Öffentlich-Rechtlichen immense Summen in US-Serien investiert werden, die dann zu nachtschlafender Stunde versendet werden, oder Doppelübertragungen royaler Hochzeiten die Kosten in die Höhe treiben.
Fragen Sie doch beispielsweise mal bei den Kollegen der BBC in Großbritannien nach, die im Rahmen des Freedom of Information Act sämtliche Ausgaben in öffentlich zugänglichen Rechenschaftsberichten publik machen müssen. Falls sich auch die deutschen Medienhüter zu einer solchen Entscheidung durchringen, darf sich das ZDF jetzt schon auf eine jährliche Ehrenurkunde vom Bund der Steuerzahler und prominente Platzierungen in zahlreichen „Schwarzbüchern“ freuen. Aber die Suppe muss dann ja bereits Ihr Nachfolger auslöffeln …
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