Im Fastenmonat Ramadan drehen viele TV-Sender richtig auf: mit Slapstick, Klatsch und Schnulzen. Indonesien, das Land mit den weltweit meisten Muslimen, hätte es jetzt gern seriöser.
Männer als Frauen verkleidet, als Zwerge, in rüpelhaften Slapstick-Szenen: Darauf könnten die Zuschauer in Indonesien in diesem Ramadan länger warten. Eine Rundfunk-Kommission hat die Fernsehsender des Landes gewarnt, Shows auszustrahlen, die den muslimischen Fastenmonat stören könnten.
Der Ramadan hat für die weltweit rund 1,3 Milliarden Muslime eine besondere Bedeutung. Im neunten Monat des islamischen Mondkalenders sollen sie von Tagesanbruch bis Sonnenuntergang auf Essen, Trinken, Rauchen und Sex verzichten. Der Ramadan gilt als Zeit der Besinnung, er soll Glauben und Selbstdisziplin der Muslime stärken. In diesem Jahr beginnt er in den meisten Ländern am 28. Juni – so auch in dem südostasiatischen Inselstaat, dem Land mit den weltweit meisten Muslimen. Rund 88 Prozent der mehr als 240 Millionen Indonesier sind islamischen Glaubens.
Im Ramadan zeigen indonesische Fernsehsender täglich stundenlang Sendungen, die sich dem Fastenmonat widmen. Dazu zählen etwa Seifenopern mit religiösen Themen, Talkshows, Predigten von berühmten Geistlichen, aber auch Talentshows, die den besten Koran-Rezitator suchen. Doch zum Programm gehört auch viel Comedy. Millionen Indonesier lassen sich von den Witzen und Streichen im Fernsehen unterhalten, während sie vor Sonnenaufgang – dem Fastenanbruch – ihr Frühstück (Sahur) abhalten.
Diese Comedy-Shows bleiben zwar erlaubt. Doch die Rundfunk-Kommission hat die Sender angehalten, ihr Programm zu entschärfen. Überzogene Witze, Frauen in knappen Kleidern, Transvestiten oder Klatsch und Tratsch wurden zum Tabu erklärt.
Die Vertreter von 14 TV-Sendern hätten sich vor zwei Monaten getroffen und geeinigt, wie Fernsehen im Ramadan aussehen sollte, sagt Agatha Lily, ein Mitglied der Kommission. „Jede Ramadan-Sendung muss die Feierlichkeit des heiligen Monats respektieren“, sagt sie. Im vergangenen Jahr habe man zu viele alberne Witze, Beleidigungen und Faxen gesehen. „Wir sind zuversichtlich, dass die Regeln eingehalten werden.“ Sendungen, die gegen die Richtlinien verstoßen, würden entweder ausgesetzt oder ganz eingestellt.
Die indonesische Comedy-Szene ist traditionell vom Slapstick-Humor geprägt. Männliche Komödianten, die in die Frauenrolle schlüpfen oder sich als Zwerge inszenieren, sind seit jeher berühmte Charaktere. Die Darsteller ziehen sich oft gegenseitig mit Witzen über ihre Macken auf oder prügeln sich auf der Bühne mit Requisiten. Auch Stand-up-Comedy nach US-Vorbild wird beliebter.
„Witze auf niedrigem Niveau sind der einfachste Weg, Menschen zum Lachen zu bringen“, sagt Sarlito Wirawan, Psychologie-Professor an der University of Indonesia. „Beim Essen im Morgengrauen wollen die Leute nicht zu viel denken.“ Slapstick helfe ihnen, wach zu bleiben. Zwerge und Transvestiten würden als merkwürdig erachtet, das fänden die Menschen witzig. Und solche Inhalte seien leicht zu produzieren. Wirawan spricht aber auch von mangelnder Kreativität der Sender. Kritiker bemängeln zudem, die Ramadan-Sendungen seien nur auf Werbegelder aus.
Auch Klatsch und Tratsch wird von indonesischen Zuschauern nachgefragt. Fast jedes Programm bietet eine Sendung, die sich dem Leben lokaler Berühmtheiten widmet, inklusive deren Scheidungen und Skandalen. Eine Verordnung des Muslimischen Gelehrtenrates MUI vor einigen Jahren hatte Klatsch-Shows als „haram“, also verboten eingestuft. Doch das hielt die Sender nicht davon ab, die schmutzige Wäsche der Stars weiter öffentlich zu waschen. Und Fatwas der islamischen Behörden sind in Indonesien rechtlich nicht bindend.
„Als Familiensender werden wir weiterhin leichte und unterhaltsame Shows ausstrahlen, um unsere Zuschauer während des Fastenbrechens und beim Sahur zu begleiten“, sagt Hadi Lubis, Sprecher von „Trans TV“. Doch es werde auch Programme mit islamischen Themen geben, die zum Ramadan passen. Während des Mahls am frühen Morgen seien Witze aber nun einmal besser verdaulich als Predigten. [Ahmad Pathoni]
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