Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat im zweiten Quartal insgesamt 47 Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) festgestellt. Dabei kommen 37 Fälle aus dem Rundfunk- und zehn aus dem Telemedienbereich.
Ein Großteil der Verstöße fällt auf die Scripted-Reality-Produktion „X-Diaries – Love, Sun & Fun“ auf RTL2, erklärte die KJM am Montag. Das Format läuft montags bis freitags um 19.00 Uhr und wird in der Folgewoche um 12.00 Uhr, direkt vor verschiedenen Zeichentrickserien, ausgestrahlt. Nach KJM erkennen insbesondere jüngere Zuschauer nicht, dass die Handlungen der Produktion keine „wahren“ Geschichten seien. Die Story wird von Drehbuchautoren konzipiert und von Laienschauspielern umgesetzt.
Insgesamt stellte die KJM eine Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige (Sendezeitgrenze 22.00 bis 6.00 Uhr) in elf „X-Diaries“-Fällen fest. Die Kommission begründet dies vor allem mit der aufdringlichen Darstellung der Themen Sex und Alkohol und der „derb-zotigen Sprachwahl“. Aufgrund der für Heranwachsende nicht zu erkennenden Fiktionalität der Sendung sei eine sozialethische Desorientierung für unter 16-Jährige oder für unter 12-Jährige zu
befürchten, resümierte die KJM.
Der Privatsender RTL2 hatte keine dieser Folgen vorab der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) vorgelegt. Die aktuell laufenden Folgen prüft die FSF vor der Ausstrahlung, so dass die jetzige Staffel aus Sicht der KJM bisher jugendschutzrechtlich unproblematisch sei. Von den insgesamt 60 problematischen „X-Diaries“-Folgen befinden sich 16 noch im Prüfverfahren der KJM.
Auch eine Live-Berichterstattung zum „Geiseldrama in Manila“, die im Tagesprogamm von N24 um 13.45 Uhr lief, stufte die KJM als entwicklungsbeeinträchtigend für unter 16-Jährige ein. Der Sender berichtete über das blutige Ende der Geiselnahme, übernahm Live-Bilder des philippinischen Fernsehens und kommentierte aus dem Off. Dabei waren in mehreren Einstellungen, auch in Nahaufnahmen, die Leiche des erschossenen Geiselnehmers, sowie die geborgenen, teils toten Geiseln zu sehen.
Laut der KJM, besitzen Zuschauer unter 16 Jahre noch nicht die Kompetenz im Umgang mit Nachrichten, die für die Verarbeitung solch belastender Bilder notwendig sei. Da Live-Angebote der Selbstkontrolle nicht vorab vorgelegt werden können, musste die KJM vor der Entscheidung über Maßnahmen zunächst die FSF befragen. Die FSF sah bei dem Angebot jedoch keine Beeinträchtigung für Kinder und Jugendliche.
Ebenfalls kritisierte die Kommission die Ausgabe der Doku-Soap „Der Promi-Trödeltrupp“ (RTL 2, 17.00 Uhr). Dabei zeigte das Format, wie die Prostituierte Molly Luft verschiedene einschlägige Gegenstände aus ihrem Besitz zu Geld macht. In der Folge sei Prostitution positiv dargestellt wurden, so die KJM. Zudem zeigte RTL 2 verschiedene Sexualpraktiken in Formen, die junge Zuschauer bei der Entwicklung ihrer eigenen Sexualität beeinträchtigen können. Die KJM bewertete dieses Angebot als entwicklungsbeeinträchtigend für unter 12-Jährige.
Auch eine Folge der Wrestlingshow „TNA Impact!“, die ohne Vorsperre auf Sky (Kanal Sport 2) um 22.15 Uhr lief, bewertete die KJM mit Entwicklungsbeeinträchtigungen für unter 18-Jährige (Sendezeitgrenze 23.00 bis 6.00 Uhr). Nach Einschätzung der Kommission gehe die in der Sendung enthaltene Gewalt über das hinaus, was bei Wrestling als genretypisch einzustufen sei. Daher bestehe die Gefahr einer sozialethisch desorientierenden Wirkung auf Zuschauer unter 18 Jahren, so die KJM.
Ebenfalls auffällig waren die Episode „XXX Wife“ der Animationsserie „Stroker and Hoop“ (ohne Vorsperre auf TNT Serie, um 6.00 Uhr), die Folge „Over the Rainblow“ der US-Comedyserie „The Hard Times of RJ Berger“, die Viva um 17.15 Uhr ausstrahlte sowie die ProSieben-Nachrichtensendung „Newstime“ um 18.00 Uhr, die über den preisgekrönten Spielfilm „Lebanon“ berichtete. In der Nachrichtensendung waren die Filmausschnitte verknüpft mit Bildern realer Kriegsereignisse. Diese Bilder könnten Kinder unter 12 Jahren nachhaltig beeinträchtigen, kritisierte die Kommission.
Die KJM arbeitet bei der Aufsicht über den Rundfunk mit den Landesmedienanstalten zusammen. Diese beobachten, prüfen und bewerten potenziell problematische Rundfunkangebote und leiten, bei Feststellen eines Anfangsverdachts auf einen Verstoß gegen den JMStV, der KJM die entsprechenden Prüffälle zur Entscheidung zu.
Im Telemedienbreich beanstandete die KJM zehn Fälle, unter anderem vier Angebote die einfache Pornografie beinhalten und ein Angebot, welches den Holocaust leugnete. [frt/dpa]
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