Joko und Klaas begeistern mit siebenstündiger Pflege-Reportage

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Joko und Klaas haben wieder Sendezeit erspielt und sie diesmal genutzt, um stundenlang auf den Pflegenotstand hinzuweisen. Auch von Konkurrent RTL und Vizekanzler Scholz gibt es Lob für ProSieben. Arte sieht „ein Stück deutsche TV-Geschichte“.

Unter dem Motto „Nicht selbstverständlich“ hat der Privatsender ProSieben bis in den frühen Donnerstagmorgen sein Programm freigeräumt, um werbefrei den Alltag einer Pflegekraft in Deutschland zu zeigen. Zahlreiche Frauen und Männer aus Krankenhäusern und Altenheimen kamen außerdem zu Wort, um auf die Probleme in der Pflege hinzuweisen. Begleitet wurde in Echtzeit per kleiner Kamera eine ganze Schicht der gewissenhaften und stets freundlichen Gesundheits- und Krankenpflegerin Meike Ista im Knochenmark- und Transplantationszentrum der Uniklinik Münster.

Die Entertainer Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf hatten mal wieder Sendezeit zur freien Verfügung erspielt und nutzten sie diesmal, um auf den Pflegenotstand hinzuweisen. Tausende twitterten am Abend und nachts zum Thema Pflege. Selbst Konkurrenzsender RTL lobte: „Starke Aktion, ProSieben! Ein beeindruckendes Zeichen für die Pflege!“ RTLzwei twitterte: „Standing Ovations, ProSieben. Heute seid Ihr definitiv der Reality Sender Nr. 1. Ganz große Klasse und ganz großen Dank!“ Beim Twitter-Account von Arte hieß es: „Was da gerade bei ProSieben passiert, dürfte ein Stück deutsche TV-Geschichte sein.“

Und der Medienjournalist Stefan Niggemeier schrieb: „Das, was da gerade auf ProSieben läuft, ist nicht nur eine wichtige Aktion von Joko und Klaas, sondern auch richtig gutes Fernsehen.“ ProSieben twitterte: „Bitte helft, dass aus diesem Abend eine große Respektkundgebung wird, die etwas ändert.“ Und Senderchef Daniel Rosemann schrieb: „Wir sind heute Ort für eine Demo. Für eine Demo, für die die Teilnehmer vor lauter Überstunden keine Zeit haben.“

Reaktionen aus der Politik

Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz äußerte sich ebenfalls: „Danke Joko und Klaas für diese Sendung! Und – man kann es nicht oft genug sagen – Danke an alle Pflegerinnen und Pfleger! Ohne sie geht nichts. Antwort auf diese Erkenntnis ist nicht, Beifall zu klatschen. Respekt heißt: gute Löhne und Arbeitsbedingungen.» Unter dem Tweet des Vizekanzlers sammelte sich einige Kritik.

Der in der Sendung vorkommende Krankenpfleger und Sozialdemokrat Alexander Jorde twitterte: „Ich will keine Worte mehr, ich will Taten. Die SPD ist Teil der Bundesregierung. Du bist Vizekanzler, Olaf Scholz. Worauf warten wir? Wann, wenn nicht jetzt? Hört auf zu reden. Handelt! Wir haben keine Zeit mehr.“

Sieben Stunden Echtzeit-Doku

Um 20.15 Uhr hatte die „Joko & Klaas Live“-Sonderausgabe begonnen, die mit etwa sieben Stunden viel länger dauerte als die üblichen 15 Minuten. Vor allem zu Beginn der Sendung wurden Stimmen und Köpfe von Pflegekräften wie Alexander Jorde aus Hildesheim oder Franziska Böhler aus Frankfurt/Main eingespielt, die auf die Not ihrer Branche hinwiesen. Seit Jahrzehnten versäumten es Politik und Gesellschaft, faire Bezahlung und gut machbare Arbeitsmengen zu organisieren.

Der Bielefelder Intensivpfleger Ralf Berning wies auf die andauernde Überbelastung hin. Er kenne Leute, die 23 Tage am Stück arbeiteten, das sei „völlig unmenschlich“. Er sei lange Soldat gewesen und ginge lieber wieder nach Afghanistan, als noch einmal so etwas Schlimmes zu erleben wie während der zweiten Corona-Welle im Herbst.

Winterscheidt und Heufer-Umlauf behandeln in ihrer Sendung „Joko & Klaas Live“ immer wieder gesellschaftlich relevante Themen. Die Sendezeit hatten sich die Moderatoren in der am Dienstag ausgestrahlten Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“ erspielt, in der sie in mehreren Wettkämpfen gegen ihren Arbeitgeber antreten.

ProSieben musste eingeweiht werden

Erstmals in der Geschichte der Show seit 2019 hatten die Entertainer diesmal ProSieben gebeten, nach ihrem Sieg mehr Sendezeit als die sonst übliche Viertelstunde zugestanden zu bekommen. Wie lange es werden würde, blieb anfangs für TV-Zuschauer unklar.

„Sowas stellt nämlich in so’nem Sender ein bisschen was auf den Kopf und widerspricht genau genommen jeder Regel des Fernsehens“, leitete Klaas die Sondersendung ein. Joko ergänzte: „Ein Thema, das uns alle betrifft, mitten aus dem Leben, und dennoch zu oft ganz am Rand der allgemeinen Wahrnehmung. Viele Themen im Leben bekommen erst dann den Stellenwert, den sie verdient haben, wenn man die Gelegenheit bekommt, sich in ein Leben hineinzuversetzen, das nicht zwangsläufig das eigene ist.“

Eine halbstündige Zusammenfassung des Abends gibt es oben im Video zu sehen.

39 Kommentare im Forum
  1. Wo sind denn jetzt die, die hier immer nur drüber herziehen, was für eine asoziale Sch... auf den Privaten läuft. Hier hat ProSieben mal was richtig asoziales im Programm gehabt - dumm nur, dass das eine Echtzeit-Reportage aus dem Alltag einer Pflegekraft war, die einfach nur ihren Arbeitsalltag gefilmt hat. Quasi die Reality-Version von "Grey's Anatomy", das da sonst auf dem Sendeplatz läuft. Das war definitiv relevanter, als die drölftausendste Corona-Sondersendung, in der auch immer nur erzählt wird, dass sich was ändern muss und irgendwann immer Karl Lauterbach auftaucht und wieder irgendwelche Verschärfungen des Lockdowns fordert. Richtig mutig von ProSieben, sowas zur Hauptsendezeit bis tief in die Nacht zu senden. Bleibt wirklich zu wünschen, dass es jetzt nicht nur beim Lob für den Sender sowie Joko & Klaas bleibt, die das Ganze ja erst auf die Beine gestellt haben, sondern auch an den richtigen Stellen was ausgelöst wird, damit sich da endlich mal was ändert.
  2. Hat aber DF schon schnell erkannt das gestern etwas besonderes im TV war....:whistle: Ich bin auch eher durch "Zufall" drübergestolpert. Bin aber auch länger dabeigeblieben. Sieben Stunden Reportage, ohne Werbung, einfach das wahre Leben. Das wäe wünschenswert. Nur: Ich denke, jeder ist dafür, dass es mehr Personal braucht und das Personal auch mehr verdienen soll, absolut keine Frage. Das muss aber auch bezahlt werden, sollte man nicht vergessen. Stichwort: Krankenkassenbeitrag. Dafür müssen die Menschen dann auch bereit sein, mehr dafür zu zahlen bzw abzugeben von ihrem Brutto. Ist zwar ein anderes Thema und ich wilil das jetzt nicht von JKlive ablenken, aber die Verschärfung wird kommen und ist in meinen Augen auch richtig.
  3. Ich hatte vorab auch nur die 15 Minuten zur Aufnahme einprogrammiert und hab mich gewundert, als ich dann gegen 23 Uhr auf ProSieben geschaltet habe und da immer noch das "Joko & Klaas"-Logo zu sehen war. Dachte dann auch erst an eine Wiederholung von 20:15, aber das war es ja dann doch nicht. Nur schade, dass das EPG nicht angepasst wurde, zumindest bei mir (und sicher auch bei anderen) hätte das frühzeitiger noch für mehr Aufmerksamkeit gesorgt. Und spätestens an dem Punkt wird es wohl scheitern, wie alles andere auch. Denn an dem Punkt, wo dann mehr gezahlt werden soll ist das Thema dann doch nicht mehr so wichtig - funktioniert ja irgendwie auch so. Mir ging es da eher drum, dass einfach nur Tag für Tag die ewig gleichen Sondersendungen nach Schema F ohne jegliche neue Erkenntnisse laufen - man dreht sich da einfach nur im Kreis und ist hinterher genauso schlau wie vorher und gefühlt taucht in diesen ach so notwendigen Sondersendungen eben jedes Mal an irgendeiner Stelle Karl Lauterbach auf, der irgendeine neue Verschärfung fordert. Das Thema Pflegenotstand, der ja auch schon vor Corona da war, ist da meistens nur so ein "Randthema". Deshalb fand ich es ja so gut, dass ProSieben das ganze sieben Stunden lang unverblümt gezeigt hat, was da abgeht.
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