Seltene Eishaie, Elche, grenzenlose Wälder, raue Küsten und tanzende Polarlichter –das ist der Charme Skandinaviens. Eine groß angelegte HD-Produktion von NDR Naturfilm zeigt gerade in der ARD die Schönheit und Faszination dieser Länder.
Nach der erfolgreichen Dokumentation „Wildes Russland“ setzt die Serie „Wildes Skandinavien“ neue Maßstäbe. Den Tierfilmern gelingt es, mit neuster Technik eine bis dato fast unsichtbare Tierwelt in hochauflösender Qualität zu präsentieren. DIGITALFERNSEHEN.de hat mit der ARD und NDR Naturfilm über diese einmalige Produktion gesprochen.
Skandinavien macht einen ganz besonderen Reiz aus. In den nördlichen Ländern sind uns bekannte Arten wie Hirsche und Füchse genauso zu Hause wie seltene Süßwasserrobben und majestätische Seeadler. Auch die Natur des Skanden-Gebirgszuges ist gleichzeitig fremd und doch vertraut. So bieten die Regionen neben Kieferwäldern und satten Wiesen arktische Gletscher und verträumte Fjorde.Es braucht mehr als nur eine HD-Kamera
„Die Reihe ‚Wildes Skandinavien‘ zeigt wieder einmal, dass es nicht nur die exotischen Schauplätze sind, für die sich die Zuschauer interessieren“, erklärte ARD-Sprecherin Christine Gandré. So seien die ersten drei Teile von durchschnittlich 3,16 Millionen Zuschauern gesehen worden, dabei lag der Marktanteil bei 11,9 Prozent. Ähnlich erfolgreich war beispielsweise die Reihe „Wildes Russland“ im Jahr 2009 (4,15 Millionen Zuschauer, Marktanteil 12,5 Prozent), führte Gandré weiter aus.
Der zeitliche Aufwand für diese Produktion war enorm. Um zu zeigen, wie Polarfüchse Möwen verfolgen, Moschusochsen-Bullen um die Gunst der Weibchen kämpfen oder ein Luchs durch die finnische Landschaft streift, drehten die Teams an insgesamt knapp 2 000 Tagen. Das Ergebnis sind über 600 Stunden Material, davon allein 76 Stunden Flugaufnahmen, die den Zuschauern in sieben Folgen präsentiert werden, erklärte Britta Kiesewetter von NDR Naturfilm. Auf seinem Weg durch die nördlichsten Länder Europas und Grönland legten die Teams rund 281 000 Reisekilometer zurück.
Um die Zuschauer mit den spektakulären Aufnahmen in die Heimat von Elch, Fuchs und Wolf zu entführen, brauchte es mehr als nur eine HD-Kamera. Das Kameramodell Cineflex, das am Hubschrauber befestigt wird, lieferte wackelfreie Bilder aus der Luft. Der Clou des Modells, trotz Heli-Bewegungen tariert sich die Kamera aus und ermöglicht so hochauflösende Qualität selbst bei Zoom-Aufnahmen, beschrieb Kiesewetter den technischen Aufwand. Damit konnten die Teams erstmals Tiere auch aus der Luft in natürlichen Situationen filmen, ohne sie in Panik zu versetzen.Fast greifbare Bilder
Besonders detaillierte, fast greifbare Bilder in HD liefern die Superzeitaufnahmen der Weisscam. Die Kamera, die schon seit längerem bei Werbeaufnahmen zum Einsatz kommt, hält für Naturfilmer einige Hindernisse bereit, so Kiesewetter. Sie ist in der freien Wildbahn nur schwer zu handhaben und sehr anfällig für Fehler. Der große Aufwand werde jedoch durch die spektakulären Aufnahmen gerechtfertigt, schwärmte Kiesewetter. So konnten die Tierfilmer mit bis zu 2 000 Bildern pro Sekunden unter anderen die Bewegungsabläufe des Seeadlers beim Fischfang sichtbar machen. Auch scheinbar banale Situationen, wie badende Möwen in Island, offenbaren in der Zeitlupe eine nicht geahnte Ästhetik.
Im Gespräch machte Kiesewetter deutlich, wie groß der Aufwand auch für kleine Bildsequenzen war. So nahm das Team von Oliver Goetzl und Ivo Nörenberg den Ausflug von Schellentenküken aus ihrer Baumhöhle aus fünf verschiedenen Kameraperspektiven auf. Um das Leben in Skandinavien auch an Tümpeln und Gewässern detailgetreu darstellen zu können, griff Tierfilmer Jan Haft zur Boroskopkamera. Während der Aufnahmen in Finnland fiel eine Kamera sogar dem Spieltrieb halbwüchsiger Bären zum Opfer. Im Zuge der Produktion kamen zusätzlich bewegte Zeitraffer-Aufnahmen und ferngesteuerte Kameras zum Einsatz, ergänzte Kiesewetter.
Da die Dokumentationsreihe „Wildes Skandinavien“ mit mehr als nur einem Höhepunkt über den Bildschirm flimmert, fiehl es selbst Kiesewetter schwer, nur ein Highlight zu benennen. So zeigte sie sich besonders fasziniert von den seltenen Aufnahmen in Finnland. In der Weite des Landes der Tausend Seen konnten die Tierfilmer das Verhalten von Wolfen und Bären festhalten. So zeigt die Dokumentation, wie es einem Rudel Wölfen gelingt, Bären ihre Beute abzujagen.Naturgewalt Eyjafjallajökull
In einem besonderen Fall kam auch das Schicksal dem Team zugute. Während dem Aufenthalt von Tierfilmer Tobias Mennle auf Island, begann der Vulkan Eyjafjallajökull Feuer zu spucken. Diese faszinierenden Bilder des Lavastroms und der dichten Aschewolke, die später den Flugverkehr in Europa lahm legen solle, zählt Kiesewetter zu einem weiteren Höhepunkt der Reise. Nicht weniger spektakulär seien die Unterwasseraufnahmen in der isländischen Silfra-Spalte geraten. Das Team tauschte mit einer HD-Kamera im klarsten Wasser der Erde und lieferte damit Bilder wie aus einer anderen Welt.
Eine Naturgewalt der anderen Art bekamen die Tierfilmer in Norwegen und Grönland vor die Kamera, betonte Kiesewetter ein weiteres Highlight. In der Super-Zeitlupe der Kämpfe der Moschusochsen werde die Gewalt beim härtesten Aufeinanderprallen der Tierwelt besonders deutlich. Die hochauflösenden Kameraaufnahmen zeigen detailliert, wie sich nach dem Zusammenstoß der Tiere eine Druckwelle durch das zottelige Fell der urtümlichen Tiere ausbreitete.
Schon vor der deutschen Erstausstrahlung gewann die Dokumentation „Wildes Skandinavien“ beim ersten Tierfilmfestival des Jahres im US-amerikanischen Missoula, Montana, mehrere Hauptpreise. Die Jury zeichnete sie in den Kategorien bester TV-Film, beste Kamera, beste ökologische Beobachtungen und beste Filmsequenzen aus.
Den nächsten Teil von „Wildes Skandinavien“ sendet die ARD am Montag (18. Juli) um 20.15 Uhr und zeigt dabei die fantastische Natur Schwedens. Bis zum 15. August folgen dann jeweils montags die Aufnahmen aus Island, Finnland und Grönland. Ab Herbst können sich Doku-Fans auf ein weiteres Highlight freuen: „Die nächste, größere Reihe auf diesem Sendeplatz ‚Erlebnis Erde‘ ist ‚Wildes Deutschland‘ und startet Mitte September [12. September, Anm. d. Red.], mit Start am 12. September“, erklärte Gandré.
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[frt]
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