Der deutsche Fernsehgeräte-Spezialist Loewe steckt in diesem Jahr in den roten Zahlen fest. Auf der Elektronik-Messe IFA in Berlin sprach Loewe-Chef Oliver Seidl darüber, wie er wieder Geld verdienen will und warum das Unternehmen an der Produktion in Deutschland festhält.
Herr Seidl, vor einem Jahr auf der IFA wollten sie nach roten Zahlen wieder durchstarten, jetzt kamen Sie wieder mit einem Millionenverlust nach Berlin. Was ist passiert?
Oliver Seidl: Nach einem erfolgreichen 4. Quartal 2010 sind wir in eine deutliche Marktschwäche hineingekommen. Von Monat zu Monat wurden die Marktprognosen reduziert. Das trifft alle. Die anderen Wettbewerber haben auch Gewinnwarnungen herausgegeben, aber sie haben auch größere andere Sparten, mit denen sie manches abfedern können.
Wie wollen Sie das Steuer jetzt herumreißen?
Seidl: Wir sind sehr zuversichtlich, dass das Geschäft in der Weihnachtssaison wieder anspringt. Wir haben die Neuausrichtung des Unternehmens vorangebracht. Wir haben neue Produkte für den Premiummarkt entwickelt, die jetzt in den Markt kommen werden. Wir haben alle unsere Geräte auf 3D umgestellt. Wir sind ein Pionier bei der Verknüpfung von Fernsehen und Internet und treiben auch die Einbindung von Smartphones und Tablets voran. Wir geben den Käufern die Möglichkeit, die Geräte individuell zu gestalten. Und wir haben entschieden, mit Premiumprodukten den Markt für Zweit- und Drittgeräte stärker anzugehen.
Hat man als Hersteller teurer Premium-Geräte nicht ein größeres Problem, weil die Verbraucher im Krisen-Preiskampf immer günstigere Angebote bekommen?
Seidl: Der Preis ist für uns nicht das Thema. Wir überzeugen mit höchstwertigen Premiumprodukten. In jeder Branche gibt es ein Premiumsegment, in dem die Menschen sagen, ich möchte etwas besonderes haben, über das ich mich jeden Tag freuen kann. Und dieses Segment bedienen wir. Wir sehen, dass das Premiumsegment wächst, es ist die Mitte, die schrumpft. Wir müssen hervorragend positioniert sein in diesem Bereich, eine faszinierende Marke aufbauen und technologisch alles bieten, was der anspruchsvolle Kunde haben will.
Muss man aber nicht mit dem Preis runtergehen, wenn man den Kunden Zweit- und Drittferseher verkaufen will?
Seidl: Wir halten die Preise stabil und machen unsere Produkte immer attraktiver. Die Fernseher für Küche oder Gästezimmer haben vielleicht kleinere Bildschirme, weil schlicht die Räume kleiner sind – aber sie sind voll ausgestattet und haben beispielsweise auch Internet an Bord. Wir verkaufen in jeder Klasse nur Premiumtechnik, die in das persönliche Wohnumfeld unserer Kunden ideal passt.
Aktuell wird das Geschäft mit Inhalten aus dem Netz immergrößer, allein Apple verdient Milliarden damit. Haben Sie Pläne, in demBereich mitzumischen?
Seidl: Wir sehen unsere Aufgabe darin, diese Inhalteden Kunden möglichst bequem zu erschließen. Wir haben zum Beispiel eineKooperation mit Napster im Musikbereich und mit der Online-VideothekMaxdome. Aber wir sind kein Inhalte-Anbieter, das ist nicht unser Spiel.
Derzeit verdichten sich ja die Gerüchte, dass Apple imkommenden Jahr ein eigenes Fernsehgerät herausbringen könnte – und damitgenau Ihr Markt-Segment im Visier hätte. Machen Sie sich Sorgen?
Seidl: Diese Gerüchte gibt es seit fünf Jahren immerwieder… Wir haben bisher die Erfahrung gemacht, dass neueWettbewerber das Markt-Segment eher vergrößern. Genau das erwarte ichauch, wenn Apple in den Markt einsteigen sollte.
Während in Westeuropa oder Nordamerika eine Marktsättigungeintritt, wird in China noch starkes Wachstum erwartet, auch imPremium-Bereich. Muss Loewe da hin?
Seidl: Wir sehen noch hervorragende Wachstumschancenin Europa – und da werden wir als erstes unsere Hausaufgaben machen.Mittelfristig müssen wir allerdings schon darüber nachdenken, wie kommenwir in die Wachstumsmärkte dieser Welt auch außerhalb Europas.
Die Vision von der vernetzten Unterhaltung schließt inzwischen auch das Auto mit ein. Denken Sie auch über diesen Bereich nach?
Seidl: Das steht zur Zeit nicht auf der Tagesordnung.
Haben Sie Überlegungen, die Produktion in Länder mit günstigeren Arbeitskosten zu verlagern?
Seidl: Unsere Fertigung befindet sich in Kronach,und dabei soll es auch bleiben. Wir wollen und werden in Deutschlandproduzieren. Wir haben gut ausgebildete loyale Mitarbeiter, dieHandwerkskunst „Made in Germany“ liefern – und darauf legen auch unsereKunden großen Wert.
Das überwiegt für Sie also die finanziellen Vorteile?
Seidl: Wir haben natürlich die Pflicht, auch solcheDinge zu hinterfragen – und wir haben festgestellt, dass derKostenvorteil nicht gravierend ist. Als Daumenwert sind fünf Prozent derHerstellungskosten bei uns direkte Löhne. Und schon an diesemProzentsatz sieht man, dass wir da keine großen Einsparungen erzielenkönnten. Wir bekommen dafür ja auch etwas: Qualität und Flexibilität.Das ist uns auch diese minimal höheren Kosten wert.
Aktuell gibt es aber Kurzarbeit im Loewe Werk?
Seidl: Wir haben in der Fertigung Kurzarbeit seitdem Frühjahr. Und je nachdem, wie das Geschäft nach der IFA anspringt,werden wir die Kurzarbeit beenden oder verlängern.
Wie sieht Ihre Vision für die technische Entwicklung in den nächsten Jahren aus?
Seidl: Wir sind überzeugt, dass das große HomeEntertainment System im Wohnzimmer das Zentrum der Unterhaltung bleibt.Mit ihm werden aber viele weitere Geräte verbunden, zum BeispielTablet-Computer und Smartphones. Sie können dann zum Beispiel auf denmobilen Geräten oder über Video-Multiroom Sendungen weitersehen. Einweiteres Thema, das wir ausbauen werden, ist die Speicherung vonProgrammen, so dass der Kunde jederzeit und an jedem Ort alles was erwill sehen kann.
Herr Seidl, vielen Dank für das Gespräch.[Interview: Andrej Sokolow]
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